Warum Burnout nicht vom Job kommt

Warum Burnout nicht vom Job kommt

Warum Burnout nicht vom Job kommt

Burnout ist ein großes Problem in unserer Gesellschaft. Doch während die Ursachen dieser Volkskrankheit immer wieder diskutiert werden, hat Helen Heinemann, Leiterin des “Instituts für Burnout-Prävention” in Hamburg, einen anderen Blickwinkel. In ihrem Buch “Warum Burnout nicht vom Job kommt – Die wahren Ursachen für die Volkskrankheit Nr.1” teilt sie ihre Erkenntnisse, die sie aus der Begleitung von tausend burnout-gefährdeten Menschen gewonnen hat. Im Interview mit dem ERF erklärt sie, warum viele Menschen heute ausbrennen.

Was zeichnet burnout-gefährdete Menschen aus?

Helen Heinemann beschreibt burnout-gefährdete Menschen als intelligent, empfindsam und mit hohen Werten. Sie sind stark identifiziert mit ihrer Arbeit und engagieren sich auch im Privatleben in verschiedenen Bereichen. Ihr Einsatz und Engagement kennt keine Grenzen.

Warum arbeiten sie zu viel?

Die weitverbreitete Meinung, dass burnout-gefährdete Menschen einfach zu viel arbeiten, teilt Helen Heinemann nicht. Für sie ist es nicht die Arbeit selbst, die zu einem Burnout führt, sondern die Tatsache, dass diese Menschen oft zu wenig darauf achten, wie es ihnen selbst dabei geht. Ein häufiges Problem ist, dass sie nicht “nein” sagen können. Sie sind so engagiert bei der Arbeit, dass fälschlicherweise der Job als Auslöser dafür angesehen wird.

Warum hilft es nicht, wenn man ihnen rät, Pausen zu machen und “nein” zu sagen?

Die Vorstellung von Pausen finden diese Menschen oft langweilig. Wenn sie zuhause sind, sehen sie viele Dinge, die noch erledigt werden könnten. Ein weiterer Grund, warum sie nicht “nein” sagen können, liegt darin, dass sie Angst haben, von anderen nicht mehr gemocht oder ausgegrenzt zu werden. Sie müssen ihre Rolle in der Gesellschaft ständig neu definieren. Oft definieren sie sich über ihre Leistung, was zu einem Teufelskreis führt: “Ich leiste, also bin ich.”

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Der Einfluss der Geschlechterrollen

Helen Heinemann weist darauf hin, dass Burnout besonders in Gesellschaften auftritt, in denen die Geschlechterrollen in Bewegung geraten sind. Sie vergleicht dies mit der Zeit um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, als Neurasthenie, eine Nervenschwäche, vor allem bei Frauen auftrat. Damals führte die Veränderung der Frauenrolle zu Unsicherheit und Erschöpfung. Heute betrifft Burnout beide Geschlechter.

Warum sind Frauen so erschöpft?

Frauen fühlen sich oft durch die Doppelbelastung, hervorgerufen durch Beruf und Familie, überfordert. Zusätzlich sind sie enttäuscht, dass ihre Partner ihnen nicht genügend Unterstützung bieten. Diese Männer helfen, übernehmen aber keine Verantwortung. Viele Frauen sehnen sich nach einem gleichberechtigten Partner und entscheiden sich in ihrer Frustration oft dafür, alleine zu bleiben. Daher kommen die meisten Scheidungen von Frauen.

Und was ist mit den Männern?

Männer merken plötzlich, dass ihnen die Frauen davonlaufen – nicht nur privat, sondern auch im Beruf. Dieser Druck belastet sie. Hinzu kommt, dass Männer oft keine andere Möglichkeit haben, um ihre Emotionen zu teilen, als sich an Frauen zu wenden. Doch wenn die Frauen selbst belastet sind, ziehen sie sich zurück und Männer haben keinen Ort, an dem sie sich emotional auftanken können.

Die Lösung?

Helen Heinemann plädiert nicht für eine Rückkehr zu alten Rollenbildern, sondern für eine Gesellschaft mit vielfältigen Lebensformen, die gleichermaßen akzeptiert werden. Es geht darum, Rollenklischees zu überwinden und eine individuelle Entfaltung zu ermöglichen. Im Alltag rät sie dazu, sich miteinander abzusprechen und Rollenspiele zu machen, um die Aufgabenverteilung klarer zu definieren und nicht ständig neu zu verhandeln.

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Es gibt keine einfache Lösung für das Burnout-Problem, aber durch eine offene Kommunikation und die Bereitschaft, alte Denkmuster abzulegen, kann eine bessere Balance im Leben erreicht werden.