Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinswende eingeläutet und die Banken im Euroraum sind nun dazu angehalten, die Zinsen anzuheben. Einige Banken haben bereits reagiert und ihre Negativzinsen für Girokonten gestrichen, die Freibeträge erhöht und vereinzelt sogar wieder Zinsen gezahlt.
Jetzt könnte man denken: Endlich ist die Zeit der Negativzinsen vorbei und ich kann mein Geld beruhigt auf dem Girokonto liegen lassen. Doch ist das wirklich eine gute Idee?
Die trügerische Illusion von 0,05 Prozent Zinsen
Angenommen, ihr vergleicht die verschiedenen Girokonten miteinander und entscheidet euch für ein Konto bei der genossenschaftlichen PSD in Nürnberg, bei dem ihr immerhin hohe 0,05 Prozent Zinsen auf das Girokonto erhaltet und keine Kontoführungsgebühren zahlen müsst.
Bei diesem aktuellen Zinssatz würdet ihr am Ende des Jahres 150 Euro Zinsen erhalten und 30.150 Euro auf dem Girokonto haben. Klingt nicht schlecht, oder? Doch dabei solltet ihr die aktuelle Teuerung nicht vergessen, die das Geld schlicht an Wert verlieren lässt.
Aktuellen Schätzungen der Bundesbank zufolge wird die Inflation im Jahr 2022 bei 7,1 Prozent liegen. Berücksichtigt man diese Inflation, beträgt die Kaufkraft eurer 30.150 Euro am Ende des Jahres nur noch 28.024,43 Euro.
Es ist schwierig vorherzusagen, wie sich die Zinsen und die Inflation in Zukunft entwickeln werden. Experten gehen jedoch davon aus, dass die Zinsen weiter steigen werden. Nehmen wir an, die Zinsen auf dem Girokonto wachsen im Jahr 2023 auf 1,0 Prozent. Dann hätten ihr am Ende des nächsten Jahres 30.451 Euro auf dem Konto.
Doch auch für das Jahr 2023 sagt die Bundesbank eine hohe Inflation von 4,5 Prozent voraus. Dadurch würde der Wert eures Vermögens im Jahr 2023 auf 27.043,16 Euro sinken – trotz der Zinsen.
Alternativen mit höherer Rendite: Festgelder und ETF-Sparpläne
Es scheint also keine gute Idee zu sein, sein Geld einfach nur auf dem Girokonto liegen zu lassen. Doch was könnt ihr stattdessen tun?
Ein Blick auf andere Anlageprodukte zeigt, dass es schwierig ist, die aktuelle Inflation zu schlagen. Dennoch bieten sich oft höhere Renditen als beim Girokonto.
Zum Beispiel lassen die steigenden Zinsen im Zuge der Zinswende die Zinsen für Tages- und Festgelder steigen. Wenn ihr euer Geld schnell verfügbar halten möchtet und bereit seid, es bei einer europäischen Bank auf einem Tagesgeldkonto anzulegen, könnt ihr bereits bis zu 0,35 Prozent Zinsen pro Jahr erhalten.
Für Festgelder, auf die ihr für einen festgelegten Zeitraum nicht zugreifen könnt, gibt es sogar noch höhere Zinsen. Wenn ihr bereit seid, fünf Jahre lang auf einen festen Betrag zu verzichten, könnt ihr mit bis zu 2,0 Prozent Zinsen rechnen.
Auch ein ETF-Sparplan sollte in Betracht gezogen werden. Trotz kurzfristiger Einbrüche durch die Corona-Pandemie und den Angriff Russlands auf die Ukraine sind die Kurse an der Börse über ein Jahr hinweg gestiegen. Beispielsweise ist der Kurs des MSCI-World-ETFs um 1,1 Prozent gestiegen. Über einen Zeitraum von drei Jahren lag der Wertzuwachs sogar bei über 30 Prozent.
Es gibt also durchaus Alternativen, die eine höhere Rendite bieten als das Girokonto. Trotzdem solltet ihr immer im Hinterkopf behalten, dass die Wertentwicklung von Anlageprodukten von vielen Faktoren abhängt und die Vergangenheit keine Garantie für die Zukunft ist.