Nach einem Horrormonat in 2022 gibt es seit Anfang 2023 eine erfreuliche Entwicklung am Gasmarkt. Die Einkaufspreise für Erdgas haben sich seit Mitte Januar auf das Niveau vor dem russischen Überfall auf die Ukraine eingependelt und sind größtenteils auf unter 4 Cent pro Kilowattstunde (kWh) gefallen. Diese Preissenkung hat sich auch auf den Preis ausgewirkt, den Neukunden an ihren Gasanbieter zahlen.
Grafik: Einkaufspreise für Erdgas
Quelle: tradingeconomics.com, Stand: tagesaktuell
Die Gaspreise für Neukunden liegen seit Anfang 2023 in einem moderaten Bereich von unter 12 Cent je kWh. Aktuell (September 2023) sind sogar Verträge mit einem Preis von etwa 8 Cent je kWh zu finden. Daher kann es sich lohnen, einen Gasvergleich durchzuführen und den Anbieter zu wechseln.
Bereits im Oktober 2022 gab es einen spürbaren Rückgang der Einkaufspreise für Erdgas. Der milde Herbst und die Bemühungen von Bürgern und Unternehmen, Gas zu sparen, haben dazu beigetragen. Die Bundesregierung hat es geschafft, das russische Gas durch andere Quellen zu ersetzen, wie zum Beispiel durch LNG-Terminals.
Was hat den Gaspreis 2022 in die Höhe getrieben?
Mehrere Faktoren haben dazu geführt, dass die Gaspreise im Jahr 2022 in historischem Ausmaß gestiegen sind. Hier sind die wichtigsten vier:
- Russischer Krieg gegen die Ukraine
Deutschland importiert(e) hauptsächlich Gas aus Russland, Norwegen und den Niederlanden. Der russische Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 führte zu einem unmittelbaren Preisanstieg an der Gasbörse von über 70 Prozent. Als Reaktion darauf stoppte die Bundesregierung das Projekt “Nord Stream 2”. Der russische Vize-Regierungschef drohte daraufhin, die vereinbarten Gaslieferungen durch die bestehende Pipeline Nord Stream 1 zu kappen. Dies wurde dann letztendlich im August 2022 unter einem technischen Vorwand umgesetzt. Ende September wurden die Nord-Stream-Pipelines durch Anschläge schwer beschädigt, sodass Gaslieferungen darüber bis auf weiteres nicht möglich sind. Der bekannte wirtschaftliche Mechanismus zwischen Angebot und Nachfrage ließ also die Erdgaspreise 2022 massiv ansteigen: Weniger Angebot (bei gleicher oder höherer Nachfrage) führt zu höheren Preisen.
- Erhöhte Nachfrage nach Erdgas
Ein höherer Bedarf an Gas bei geringem Angebot führte ebenfalls zu steigenden Gaspreisen. Die Nachfrage stieg zunächst, weil die Wirtschaft weltweit nach den monatelangen Corona-Lockdowns im Jahr 2022 wieder anzog. Außerdem stieg der Bedarf an Gas in Asien, insbesondere in China, das zum Beispiel von Kohle auf Flüssigerdgas umsteigen wollte, um seine Treibhausgasemissionen zu verringern. Speziell für Deutschland gilt, dass die Gasspeicher nach einem langen und kalten Winter 2020/21 zunächst kaum mehr gefüllt waren und die Versorger mehr Gas nachordern mussten.
- Gas wird auch für die Stromproduktion benötigt
Um die CO2-Emissionen gering zu halten, wurde vermehrt auf die Stromproduktion mit Gas anstatt mit Kohlekraftwerken gesetzt, besonders im Winter. Die Bundesregierung hat Maßnahmen ergriffen, um mehr Gas für den Winter einlagern zu können und den Gaspreis zu senken. Dazu gehörte auch die Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken und die verstärkte Nutzung von Kohlekraftwerken zur Stromerzeugung.
- Höhere Abgaben und Entgelte
Ähnlich wie beim Strom stiegen auch beim Gas die Abgaben und Entgelte. Die Kosten für den Transport durch die Gasnetze (Netzentgelte) stiegen 2022 um durchschnittlich 2 Prozent, abhängig vom Bundesland. Der CO2-Preis stieg ebenfalls im Jahr 2022 an.
Wie hat sich der Gaspreis 2022 entwickelt?
Laut Zahlen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) stieg der Gaspreis für Haushalte in Mehrfamilienhäusern zum April 2022 um 105 Prozent an: von 6,47 Cent/kWh im Vorjahr auf durchschnittlich 13,26 Cent/kWh. Wer einen neuen Vertrag abschloss, musste mit nochmals höheren Preisen rechnen. Manche Gasanbieter nahmen zeitweise keine neuen Kunden auf.
Politische Faktoren könnten dafür sorgen, dass der Gaspreis in Zukunft noch weiter steigt. Es wurde bereits vereinbart, dass die CO2-Zertifikate bis 2025 zu jährlich steigenden Festpreisen verkauft werden. Ab 2026 werden die Zertifikate mit Ober- und Untergrenze versteigert, ab 2027 bestimmt der Markt die Zertifikatspreise.