Glocken sind viel mehr als nur Klanginstrumente. Ihre Bedeutung reicht weit über den Alltag der Menschen hinaus. Sie erinnern uns an Gebetszeiten, strukturieren unseren Tagesrhythmus und sind Symbole der Gemeinschaft. Doch Glocken können auch politische Statements setzen und in extremen Fällen sogar zu brutalen Verbalattacken führen.
Glockenläuten als politisches Statement
Vor drei Jahren setzte die evangelische Pfarrerin von St. Jakob ein Zeichen gegen rechtsextreme Parolen: Die Glocken übertönten die menschenverachtenden Sprüche vor der Kirchentür. Doch diese Aktion blieb nicht ohne Konsequenzen. Mehr als 100 Mails mit sexuell gefärbten Verbalattacken landeten auf ihrem Computer. Ein schockierender Extremfall.
Die Verbundenheit mit dem Glockenklang
Für viele Menschen ist der Klang der Glocken ein Symbol der Heimat, des Zuhausegefühls. Der gelernte Glockengießer Martin Buchmeier aus dem Stadtteil Gartenstadt bewundert seit seiner Kindheit die Glocke auf dem offenen Dachreiterturm der benachbarten Emmaus-Gemeinde. Er fühlt sich mit ihr verbunden und bewundert die handwerkliche Kunst hinter den Glocken.
Die Wiederherstellung alter Glocken
Buchmeier hat sich sogar um die Restauration einer uralten Glocke gekümmert, als das mittelalterliche Gotteshaus in der Nürnberger Stadtmitte 2014 von einem verheerenden Brand zerstört wurde. Das fast 60 Kilo schwere Klanginstrument aus dem 15. Jahrhundert war damals in mehrere Teile zerbrochen. Buchmeier entwarf den Bauplan für den Glockenstuhl, zeichnete das Joch und schmiedete den originalen Klöppel wieder passend.
Die Vielfalt des Glockenklangs
Werktags um sieben Uhr morgens, mittags um 12 Uhr und abends um 18 oder 19 Uhr läuten stadtweit die Glocken. Sie erinnern uns an die Gebetszeiten und geben unserem Tagesablauf eine Struktur. Doch Glockenläuten hat auch eine dramaturgische Komponente. Zum Ende der Karwoche schweigen die Glocken generell, um dann am Ostersonntag mit vollem Jubel wieder zu läuten. Ein bewusster Effekt, um die Rückkehr des Lebens zu feiern.
Die Herausforderung des Glockenläutens
Glockenläuten ist jedoch nicht immer unumstritten. Manchmal fühlen sich Nachbarn von der Lautstärke gestört und es kommt zu Gerichtsverfahren. Vor zwei Jahrzehnten musste die katholische Kirche im Nürnberger Stadtteil Steinbühl Schallbretter montieren lassen, um den Klang zu dämpfen. Doch trotz dieser Herausforderungen bleibt der Klang der Glocken ein faszinierendes Phänomen.
Glockenläuten als ein Zeichen der Verbundenheit
Glocken sind nicht nur in der christlichen Tradition verwurzelt, sondern finden sich auch in vielen anderen Kulturen und Religionen. Sie begleiten Verstorbene auf ihrem letzten Weg und erinnern uns daran, dass es mehr gibt als den Alltag. Glockenläuten ruft uns aus dem Strom des Alltags heraus und lässt uns innehalten. Es schafft Gemeinschaft und erzeugt einen Klang, der auch nach 600 Jahren immer noch großartig ist.