Ein wichtiger Bestandteil der Blechbearbeitung ist das Entgraten. Dabei werden Grate entfernt, die beim Bearbeitungs- oder Herstellungsvorgang an Blechteilen entstehen. Doch warum ist das Entgraten so wichtig und was sollten Sie dabei beachten?
Die Geschichte der Blechentgratung begann in den 1980er Jahren. Damals wurden im Feinblech hauptsächlich gestanzt und genibbelt, während im dickeren Bereich plasma- und autogengeschnitten wurde. Viele Verfahren ermöglichen erfolgreiches Entgraten. Die Entgratung wurde vor allem durchgeführt, um Verletzungsgefahren zu vermeiden. Zum Beispiel haben Stanzteile an der Austrittsseite des Stempels messerscharfe Kanten. Es ging darum, das Verletzungsrisiko sowohl in der eigenen Produktion als auch bei der späteren Verwendung des Produkts auszuschließen.
Mit dem Aufkommen von Lasermaschinen dachten viele, dass das Entgraten bald nicht mehr notwendig sein würde, da diese Maschinen nahezu gratfrei schneiden konnten – zumindest wenn die Prozessparameter optimal eingestellt waren. Das Gegenteil war jedoch der Fall. Während gestanzte Teile eine gute und eine schlechte Seite hatten, stellte sich schnell heraus, dass Laserteile, auch wenn sie perfekt geschnitten waren, auf beiden Seiten sehr scharfe Kanten aufwiesen.
Zusätzlich stellte sich das Problem der Oxidschicht beim Sauerstoffschneiden (Laserstrahlbrennschneiden). Diese Schicht bildet sich an der Schmalseite und wird sowohl bei der anschließenden Beschichtung als auch beim Schweißen zum Problem. Es wurde erkannt, dass das alleinige Entfernen der Oxidschicht nicht ausreicht, um gute Beschichtungsergebnisse zu erzielen. Sowohl bei der Nasslackierung als auch bei der Pulverbeschichtung war die Schichtstärke auf der scharfen Kante des Werkstücks dünner als auf der Oberfläche. Aus diesem Grund begannen verschiedene Hersteller, Maschinen zur Verrundung der Werkstückkanten zu entwickeln.
Heutzutage sind Kantenverrundungen von 0,2 bis 0,3 mm bereits fast Standard. Häufig werden Forderungen von 0,5 mm im Feinblech und 2,0 mm im Grobblech gestellt. Doch es gibt noch weitere Gründe, warum das Entgraten und Verrunden wichtig ist.
Die Werkzeuge von Abkantmaschinen und die Richtwalzen von Walzenrichtmaschinen leiden unter Gratbildung und verschleißen erheblich schneller, wenn der Grat nicht zuvor entfernt wird. Auch beim spanenden Bearbeiten von Blechteilen (insbesondere im dickeren Bereich) ist es wichtig, die Gratbildung zu entfernen, um die Werkzeuge zu schonen und eine ordnungsgemäße Positionierung und Spannung zu ermöglichen.
Scharfe Kanten können auch für Laborhandschuhe gefährlich sein oder Druckluft- und Stromleitungen beschädigen, die sich an diesen Kanten aufscheuern können. Die Gründe für das Entgraten sind also vielfältig und es ist heute aus der modernen Blechfertigung nicht mehr wegzudenken.
Die wichtigsten Gründe für das Entgraten lassen sich wie folgt zusammenfassen:
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Verletzungsgefahr:
- Eigene Mitarbeiter beim Teiletransport und der Montage
- Gebrauch und/oder Reparatur des Produkts
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Beschichtungsqualität:
- Nasslackierung
- Pulvern
- KTL (Kathodische Tauchlackierung)
- Verzinken
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Schonung von Abkantwerkzeugen
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Beschädigung & Verschleiß von Richtmaschinen
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Qualität der Schweißnaht (durch Oxid)
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Vorbereitung für die Zerspanung
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Einhaltung von Normen, wie zum Beispiel DIN EN 1090
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Weitere technische Gründe
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Zeichnungsvorgaben
Während der Begriff “entgraten” streng genommen nur die Entfernung des Primärgrats umfasst, werden umgangssprachlich auch folgende Prozessschritte dem Entgraten zugeordnet:
Beim Investieren in Entgrattechnik sollten Sie folgende Aspekte berücksichtigen:
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Nass- oder Trockenbearbeitung: Nass schleifende Entgratmaschinen sind sinnvoll bei stark verölten Teilen, da der Schleifabrieb mit dem Öl eine pastöse Masse bildet, die die Schleifwerkzeuge blockieren kann. Die Bearbeitung von Aluminium auf trockenen Entgratmaschinen erfordert besondere Vorsicht, da sich Staubnester bilden können, die beim Bearbeiten von funkenreißendem Material zur Gefahr werden können. Nass-Entstauber sind notwendig, wenn Aluminium auf trockenen Entgratmaschinen bearbeitet wird.
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Ein- oder beidseitige Bearbeitung: Beidseitig arbeitende Maschinen bieten eine höhere Produktivität, da die Werkstücke nicht gewendet und ein zweites Mal durch die Maschine geführt werden müssen. Bei beidseitig arbeitenden Maschinen werden die Teile über Rollen statt über ein Förderband transportiert. Kurze Teile lassen sich in solchen Maschinen entweder gar nicht oder nur mit zusätzlichem Aufwand bearbeiten.
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Verrundungsintensität: Die Verrundung der Werkstückkanten wird heutzutage gefordert. Häufig kommen Topf- oder Tellerbürsten und Lamellenwalzen zum Einsatz. Beide Variationen arbeiten abrasiv. Bei intensiver Verrundung wird jedoch oft übersehen, dass jede Verdoppelung des Radius zu einem vierfachen Aufwand führt, da viermal so viel Material abgetragen werden muss.
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Nicht die eierlegende Wollmilchsau suchen: Vor einer Investition sollten Sie überlegen, welches Teilespektrum abgedeckt werden soll. Es ist ratsam, mit dem Pareto-Prinzip zu arbeiten und zu prüfen, mit welchem Aufwand bereits 80% der Aufgaben erfüllt werden können.
Wenn Sie nach der richtigen Entgratmaschine suchen, kann Ihnen Markus Lindörfer, geschäftsführender Gesellschafter bei der Lima Ventures GmbH in Heidelberg, herstellerunabhängig helfen.
Quellen: