Unsere Hauskatzen haben im Vergleich zu ihren wilden Vorfahren und Verwandten ein kleineres Gehirn. Eine neue Studie zeigt, dass die Domestikation der Hauptgrund dafür ist. Bei der gezielten Zucht haben sich nicht nur äußere Merkmale verändert, sondern auch das Gehirn der Katzen.
Die Domestikation der Hauskatzen
Hauskatzen sind seit Jahrtausenden enge Begleiter des Menschen und haben sich als Mäusejäger als nützlich erwiesen. Im Gegensatz zu Haushunden ähneln Hauskatzen in Verhalten und Genetik immer noch ihren wilden Vorfahren – deshalb gelten sie manchmal als nur halb domestiziert. Lange Zeit nahm man an, dass sie von der europäischen Wildkatze stammen, aber Forschungen haben gezeigt, dass sie tatsächlich von der Falbkatze abstammen, die im Nahen Osten heimisch ist.
Schädel einer Europäischen Wildkatze (Felis silvestris). Raffaela Lesch/ National Museums Scotland
Der Vergleich der Katzenschädel
Eine Untersuchung von Raffaela Lesch von der Universität Wien und ihrem Team hat nun gezeigt, dass das Hirnvolumen der Hauskatzen im Vergleich zu ihren wilden Verwandten am geringsten ist. Die Gehirne unserer Hauskatzen sind kleiner als die der Falbkatze und sogar kleiner als die der europäischen Wildkatze, wenn man die Körpergröße der Tiere berücksichtigt.
Die Ergebnisse früherer Studien, die auf der europäischen Wildkatze als Vorfahr der Hauskatze basierten, wurden ebenfalls überprüft. Dafür wurden die Schädel von 28 Hauskatzen, 20 Wildkatzen, 19 Falbkatzen und 26 Kreuzungen aus Haus- und Wildkatze analysiert und vermessen.
Warum ist das Hauskatzen-Gehirn kleiner?
Eine Hypothese besagt, dass die Verkleinerung des Gehirns durch die gezielte Zucht auf Zahmheit und mangelnde Aggression verursacht wird. Dies hätte zur Folge, dass sich die Teilung und Migration der Neuralleisten-Zellen beim Katzenembryo reduzieren, die später das Nervensystem bilden und auch für die Stressreaktion verantwortlich sind. Allerdings widersprechen die Schädelmessungen der Vorhersage dieser Hypothese, da sich die Schnauzenlänge der Hauskatzen nicht von der ihrer wilden Verwandten unterscheidet.
Eine alternative Erklärung ist, dass das Zusammenleben mit dem Menschen dazu geführt hat, dass Hauskatzen ein kleineres Gehirn haben. Unter der Hypothese der “teuren Gewebe” steht das Gehirn in einer Kosten-Nutzen-Abwägung zwischen dem energetischen Aufwand für das Wachstum und der Erhaltung und dem Nutzen für das Überleben. Da Haustiere vom Menschen geschützt und versorgt werden, könnte ein großes Gehirn für sie weniger wichtig sein als für ihre wilden Vorfahren.
Ob selbstständigere Hauskatzen im Vergleich zu Wildkatzen quantifizierbare Einbußen in ihren mentalen Fähigkeiten aufweisen, ist jedoch noch unklar.
Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien