Haustiere haben oft seltsame, aber niedliche Gewohnheiten. Eine davon ist, dass Hunde ihren Kopf zur Seite neigen, wenn sie angesprochen werden. Dieses liebenswerte Verhalten ist den meisten Hundeliebhabern bekannt, aber nur wenige kennen den Grund dafür.
Der renommierte Professor Stanley Coren von der Universität von British Columbia hat diese Eigenschaft bei seinem eigenen Hund bemerkt und sich eingehend mit dieser Angewohnheit beschäftigt. In einem Artikel in der amerikanischen Zeitschrift “Psychology Today” beschreibt er verschiedene Erklärungsansätze und stellt seine eigene Forschung vor.
Viele Theorien, aber keine Beweise
Es gibt viele Spekulationen über dieses Verhalten. Einige Menschen glauben, dass Hunde ihren Kopf zur Seite neigen, um besser hören zu können, was wir sagen. Andere halten es für ein soziales Signal – der Hund erkennt, dass wir auf diese Haltung positiv reagieren, und deshalb nimmt er sie ein, um ein Lächeln und eine Belohnung zu erhalten.
Es gibt jedoch keine wissenschaftlichen Beweise, die diese Hypothesen bestätigen. Stanley Coren, Experte für Sinneswahrnehmung, vermutet, dass nicht das Hören, sondern das Sehen für das Verhalten der Hunde ausschlaggebend ist.
Hunde lesen Emotionen im Gesicht ihres Besitzers
Um seine Hypothese zu überprüfen, führt Coren ein einfaches Experiment durch. Er fordert uns auf, unsere eigene Faust vor die Nase zu halten, wie in der Abbildung dargestellt. Auf diese Weise können wir nachempfinden, was ein Hund sieht, wenn er sich auf das Gesicht einer Person konzentriert. Dabei fällt auf, dass der untere Teil des Kopfes von der Faust verdeckt wird.
Laut Coren ist dieser Gesichtsbereich, insbesondere der Mund, ein wichtiger Bestandteil unserer emotionalen Ausdrücke. Wenn wir unseren Kopf zur Seite neigen, können Hunde unser Gesicht trotz der Faust auf unserer Nase problemlos betrachten.
Es ist bekannt, dass Hunde ständig nach Informationen in unserem Gesicht suchen und unseren emotionalen Zustand ablesen. Daher ist es wahrscheinlich, dass Hunde ihren Kopf zur Seite neigen, wenn sie mit uns sprechen, um unsere Gesichter besser sehen zu können und die eingeschränkte Sicht durch ihre Schnauze auszugleichen.
Zusammenhang zwischen Kopfform und Verhalten
Um diesen Ansatz zu bestätigen, befragte Coren fast 600 Hundebesitzer mittels eines kurzen Online-Fragebogens. Sie sollten angeben, wie oft ihr Hund den Kopf zur Seite neigt, wenn er angesprochen wird. Diejenigen, bei denen die Antworten häufig, meistens oder immer lauteten, wurden als “kopfneigende Hunde” eingestuft.
Darüber hinaus wurden die Teilnehmer nach der Rasse ihres Hundes gefragt. Für Besitzer von Mischlingen standen sechs Bilder zur Verfügung, um die ungefähre Kopfform ihres Hundes anzugeben.
Die Ergebnisse zeigten, dass insgesamt 62 Prozent der Hunde häufig ihren Kopf zur Seite neigen, wenn sie angesprochen werden. Interessanterweise zeigte sich, dass Hunde mit ausgeprägter Schnauze, wie Collies, Windhunde, Retriever oder Beagles, dieses Verhalten mit 71 Prozent besonders häufig zeigten, während es bei Hunden mit flacherem Gesicht, wie Mops, Boston Terrier und Pekinesen, nur bei 52 Prozent der Fall war.
Dieser statistisch signifikante Unterschied lässt darauf schließen, dass die Kopfform und die Größe der Schnauze das Verhalten der Hunde beeinflussen.
Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass mehr als die Hälfte der Hunde, bei denen die Schnauze das Sichtfeld nicht blockiert, trotzdem ihren Kopf zur Seite neigen. Vielleicht können diese Hunde besser sehen, wenn sie ihr Blickfeld zur Seite drehen.
Laut Coren ist es jedoch wahrscheinlicher, dass andere Faktoren für dieses Verhalten verantwortlich sind. Möglicherweise spielt das Hören eine Rolle oder die Hunde versuchen einfach nur süß auszusehen. Dennoch ist diese Studie ein erster Schritt, um die Antwort zu finden, und zumindest haben wir jetzt einige Daten, mit denen wir arbeiten können.
Dieser Artikel erschien bereits im November 2018 bei Business Insider und wurde nun erneut geprüft und aktualisiert.