Das Grundgesetz ist die oberste Rechtsquelle in Deutschland und regelt das Zusammenleben der Bürger und des Staates. Doch warum wird es nicht einfach Verfassung genannt? In diesem Artikel werden wir das Geheimnis hinter dem Namen Grundgesetz lüften und die wichtigsten Inhalte dieses bedeutenden Dokuments beleuchten.
Die Besonderheit des Namens
In Deutschland wird die Verfassung “Grundgesetz” genannt. Diese Bezeichnung wurde bewusst gewählt, um darauf hinzuweisen, dass die darin festgelegten Regeln vorläufig sind. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der faktischen Teilung des Landes war es den Politikern in den westlichen Besatzungszonen wichtig, darauf hinzuweisen, dass eine endgültige Verfassung erst nach einer möglichen Wiedervereinigung Deutschlands entstehen könnte.
Die Entstehung des Grundgesetzes
Das Grundgesetz wurde auf der Grundlage der “Londoner Empfehlungen” der westlichen Besatzungsmächte vom 1. Juli 1948 erarbeitet. Die Ausarbeitung fand auf der Insel Herrenchiemsee statt und dauerte nur zwei Wochen. Anschließend setzte der “Parlamentarische Rat” in Bonn die Arbeit fort. Der Rat bestand aus 33 Rechtsgelehrten, Politikern und Verwaltungsfachleuten, die den “Entwurf eines Grundgesetzes” mit 149 Artikeln vorlegten.
Die wichtigsten Inhalte
Das Grundgesetz besteht aus einer Präambel, den Grundrechten und einem organisatorischen Teil. In der Präambel wird zur Vereinigung der Deutschen aufgerufen. Die Grundrechte umfassen den Schutz der Menschenwürde, das Recht auf körperliche Unversehrtheit, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Meinungsfreiheit sowie der Schutz von Ehe und Familie. Der organisatorische Teil legt die politische Verfassung des neuen Staates fest.
Die Organisation des Staates
Das Grundgesetz beschreibt die wichtigsten Prinzipien, nach denen die Bundesrepublik Deutschland aufgebaut ist. Es betont den demokratischen und sozialen Charakter des Staates. Die Grundsätze, dass die Staatsgewalt vom Volke ausgeht und dass die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sind, sind unveränderbar. Im Grundgesetz werden auch die Staatsorgane wie der Bundestag, die Bundesregierung und das Bundesverfassungsgericht beschrieben.
Die Lehren aus der Vergangenheit
Das Grundgesetz wurde entweder auf der Grundlage der Weimarer Reichsverfassung konzipiert oder bewusst im Gegensatz dazu gestaltet. Es gibt deutliche Unterschiede, beispielsweise in Bezug auf die Stellung des Präsidenten. Nach 1949 wurde die Position des Staatsoberhauptes geschwächt, während die politische Macht des Bundestags und des Bundeskanzlers gestärkt wurde. Das Grundgesetz führte auch das “konstruktive Misstrauensvotum” ein und etablierte eine umfassende Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht. Zudem wurde die Todesstrafe abgeschafft.
Veränderungen im Laufe der Zeit
Das Grundgesetz hat seinen provisorischen Charakter verloren und gilt seit der deutschen Vereinigung am 3. Oktober 1990 als Verfassung für das gesamte deutsche Volk. Im Laufe der Zeit wurden wichtige Änderungen vorgenommen, die eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderten. Zum Beispiel wurde die Fünf-Prozent-Klausel im Wahlrecht eingeführt, die Bundeswehr und Wehrpflicht wurden beschlossen, und die Notstandsgesetze wurden eingefügt. Seit 1992 verpflichtet Artikel 23 zur “Verwirklichung eines vereinten Europas”.
Die unveränderbaren Kernpunkte
Laut Artikel 79 des Grundgesetzes dürfen bestimmte Änderungen nicht vorgenommen werden. Diese betreffen die Gliederung des Bundes in Länder, die Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung sowie die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze. Diese Klausel, bekannt als “Ewigkeitsklausel”, schreibt die Grundrechte der Bürger und die föderale Ordnung der Bundesrepublik fest.
Die Verfassung in der DDR
Kurz nach der Verkündung des Grundgesetzes wurde in der sowjetischen Besatzungszone der Verfassungsentwurf für die Deutsche Demokratische Republik verabschiedet. Die DDR hatte ebenfalls eine Verfassung, die umfängliche Bürgerrechte vorsah. Allerdings wurden den Bürgern auch Pflichten zur Mitgestaltung auferlegt. Mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik endete dieses Kapitel deutscher Geschichte.
Das Grundgesetz ist ein bedeutendes Dokument, das die Grundlage für das Zusammenleben in Deutschland bildet. Es ist Ausdruck der demokratischen Werte und Grundrechte, die die Bürger schützen und den Staat organisieren.