Warum Herkunft beim Abitur wichtiger ist als Leistung

Warum Herkunft beim Abitur wichtiger ist als Leistung

Das Abitur ist ein Meilenstein im Leben eines jeden Schülers. Es öffnet die Tür zu vielfältigen Bildungs- und Karrieremöglichkeiten und symbolisiert den Abschluss einer langen Lernphase. Doch leider ist das Abitur in Deutschland nicht immer gerecht und fair. Stattdessen zeigt sich, dass Herkunft oft wichtiger ist als Leistung.

Benachteiligung trotz guter Noten

Die Hürden sind nicht nur an renommierten Universitäten hoch, sondern auch an Fachhochschulen. Studienplatzbewerber mit guten Noten haben oft Angst, trotz ihrer Leistungen keinen Platz zu bekommen. So erging es beispielsweise den 433 Bewerbern um 48 Plätze im Fach Forstwissenschaft an der Fachhochschule Eberswalde. Alle mit einem Notendurchschnitt schlechter als 2,3 mussten draußen bleiben.

Ungleichheit zwischen den Bundesländern

Die Ungerechtigkeiten beim Abitur werden auch durch die unterschiedlichen Standards der Bundesländer deutlich. Warum schlossen zum Beispiel Abiturienten in Thüringen 2015 durchschnittlich mit der Note 2,16 ab, während es in Niedersachsen 2,59 war? Und warum fallen in Mecklenburg-Vorpommern fast sieben Prozent der Schüler durchs Abitur, während es im Saarland nur ein Drittel davon ist?

Ein Abschluss für die Elite oder die Masse?

Die grundlegende Frage ist, wofür das Abitur überhaupt stehen soll. Ist es ein Abschluss für die Elite, für die Leistungsspitze eines Jahrgangs? Oder ist es ein Abschluss für die Masse, um vielen Schulabgängern den Weg an die Universität zu ermöglichen? Hier sind sich die Bundesländer scheinbar uneinig. Während in Hamburg fast 58 Prozent eines Jahrgangs Abitur machen, sind es in Sachsen-Anhalt und Bayern weniger als 35 Prozent.

LESEN  Mein Hund humpelt – Was Sie tun können

Ein Wettbewerb ohne Gewinner

Der föderale Wettbewerb im deutschen Bildungssystem führt zu Ungerechtigkeiten, die niemandem nutzen. Einigen Schülern wird mehr abverlangt, ihnen wird im schlimmsten Fall das Abitur verwehrt, obwohl ihre Leistungen anderswo ausgereicht hätten. Gleichzeitig erzeugt ein Wettbewerb unter ungerechten Bedingungen keine echten Gewinner. Schüler, die in Bundesländern mit niedrigeren Standards ihr Abitur machen, stehen immer unter dem Verdacht, es anderswo nicht geschafft zu haben. Das mindert die Freude und den Stolz auf die eigene Leistung.

Der Traum von einem gerechteren Abitur

Das Abitur wurde im 19. Jahrhundert zum Inbegriff bürgerlicher Bildungs- und Leistungsvorstellungen. Doch immer wieder wird sein Wert infrage gestellt. Ein aktueller Brandbrief von 130 Professoren und Mathematiklehrern kritisiert beispielsweise, dass das mathematische Vorwissen vieler Studienanfänger nicht mehr für ein WiMINT-Studium ausreicht. Die fehlenden Mathematikkenntnisse und die unzureichende fachliche Tiefe zeigen sich auch an den neuartigen Abituraufgaben.

Die Suche nach Vergleichbarkeit

Um das Abitur gerechter und vergleichbarer zu gestalten, haben sich vor fünf Jahren die Kultusminister der Länder auf einen gemeinsamen Aufgabenpool geeinigt. Alle Bundesländer können Aufgaben in diesen Pool geben, der vom Berliner Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen überprüft wird. Doch obwohl schon seit 2014 sechs Bundesländer mit abgestimmten Aufgaben experimentieren, herrscht immer noch Uneinigkeit. Die Kultusminister feiern sich selbst, doch die Realität sieht anders aus.

Das Abitur sollte jedem Schüler die gleichen Chancen bieten, unabhängig von seiner Herkunft. Es ist an der Zeit, dass die Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten im deutschen Bildungssystem erkannt und beseitigt werden. Nur so kann das Abitur wieder das sein, was es sein sollte: ein Abschluss, auf den man mit Stolz und Freude zurückblicken kann.