Warum ich kein Rudelführer sein will

Warum ich kein Rudelführer sein will

Seit Jahren kämpfen Hundeliebhaber gegen die Vermenschlichung von Hunden. Es wird Zeit, dass mal jemand gegen die Verhundelung von Menschen angeht.

Die Hundeliebhaberwelt hat etwas aufzuholen. Jahrzehntelang wurden Hunde mit Essensresten gefüttert, mampften Königsberger Klopse und Hawaiitoast. Sie durften auf die Couch und hatten Halsbänder mit Herzchen und Näpfe mit Namen.

Heute greift eine alles erschlagende Floskel um sich, die sich der Vermenschlichung von Hunden entgegenstemmt: „Nicht artgerecht!“ Der Hund ist nunmal kein Mensch, rufen die Hundeliebhaber aus und lehren uns, wie ein Hund zu denken.

Der Hund stammt vom Wolf ab

Der Hund stammt vom Wolf ab, jawohl und so müssen wir ihn auch betrachten. Damit wir ihm uns überhaupt nähern können, müssen wir vor allem eins: Rudelführer werden!

Rudelführer sein?

Als Rudelführer muss man natürlich ein paar Dinge beachten. Niemals darf man den Hund zuerst durch eine Tür gehen lassen. Sonst ist man in den Augen des Hundes eine Flasche und nicht der Chef. Der Hund darf auch nicht vor dem Rudelführer seine Mahlzeit bekommen. Der Hund soll nicht erhöht liegen und wenn man falsch mit ihm kuschelt, verliert man den Respekt des Hundes. Der Hund darf nie vor einem gehen, am besten immer einen Schritt hinter dem Rudelführer.

Fragen über Fragen.

Als Hundeneuling sehe ich mir das alles an. Und das Fragezeichen über meinem Kopf wächst. Wie kann das gehen? Wenn ich der Rudelführer bin, ist dann mein Hund das Rudel? Ist ein Hund nicht ein bisschen wenig für ein Rudel?

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In ihrem Buch „Das andere Ende der Leine“ weist Patricia B. McConnell darauf hin, dass Wölfe gar nicht in einem Rudel leben. Sie leben in einem Familienverband aus höchstens drei Generationen, wobei die beiden Kindergenerationen von ein und dem selben Elternpaar stammen. Die Rudelführer sind ganz einfach die Eltern. Das verwirrt mich nun noch mehr. Wie passt das alles zusammen? Soll mein Hund denken, ich wäre seine Mutter?

Nicht artgerecht!

Aber so lebt mein Hund überhaupt nicht artgerecht. Sie wird nicht gebarft (nicht artgerecht!), liegt in einem orthopädischen Hundebett (welcher Wolf tut das schon?) und bekommt zum Schwimmen eine Schwimmweste an (nicht artgerecht!). Und ich bin eine Versagerin als Rudelführerin.

Aber vielleicht ist es super Rudelführer zu sein, wenn man ein Rudel hat. Wenn man einen einzigen handelsüblichen und nicht weiter verhaltensauffälligen Hund hat, sollte es doch irgendwie genügen, der liebevolle Kumpel zu sein, auf den man sich verlassen und dem man vertrauen kann. Und der deshalb auch die Entscheidungen trifft.

Ich bin und bleibe Mensch, der die Welt mit Menschenaugen sieht. Rudelführung überlasse ich gerne tatkräftigen und dazu begabten Hyänen.

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(Bildquelle: AdrianHillman – istockphoto.com)

Dieser Artikel wurde ausschließlich zu Informationszwecken erstellt und stellt keine tiermedizinische Beratung dar.