Stellt euch vor, ihr parkt an einem abgelegenen Strand, öffnet morgens die Tür und lasst euch von der Meeresbrise sanft umwehen, während ihr an eurem Kaffee nippt. Ihr seid glücklich und zufrieden und merkt, dass ihr nichts weiter als die Natur braucht, um glücklich zu sein. So ähnlich sollte unser Trip mit einem Camper durch Australien sein.
Wenn mein Abenteuer ein Film wäre, dann käme jetzt der Kontrastschnitt. Denn um euren Traum vom Hippieleben in Australien zu verwirklichen, müsst ihr einiges opfern. Und anstatt von Meeresrauschen werdet ihr oft von Nachbarn geweckt, die bereits um 6 Uhr ihre Kinder zum Weiterreisen rufen – nur anderthalb Meter von euch entfernt.
Aber fangen wir von vorne an. Im April habe ich etwa einen Monat in Australien verbracht. Da Australien ein riesiges Land ist, mit einem schlechten Schienennetz, mussten wir selbst fahren oder uns in einen der Greyhound-Busse setzen, um auch fernab der großen Städte zu sein, die einen Flughafen haben. Wir entschieden uns also für einen Camper.
Der erste Reality-Check kam schnell
Unser gewählter Camper war ein klassischer Mercedes Sprinter, der einen guten Eindruck machte und alles hatte, was man braucht: Schlafbereich, Küchenspüle, Dusche und Toilette. Alleine für zehn Tage Hippieleben zahlten wir 2700 Euro, inklusive Versicherung. Es war nicht billig, aber wir sparten uns immerhin die Hotelkosten, waren flexibel und konnten an wunderschönen, einsamen Orten übernachten. Zumindest war das unsere Vorstellung.
Schon zu Beginn in den Blue Mountains erhielten wir den ersten Reality-Check. Alle Campingplätze waren bereits ausgebucht. Spontan anhalten, wo es einem gefällt? Nicht in Australien! Als unabhängige Freigeister sollte man hier die Reiseplanung mindestens vier Wochen im Voraus erledigt haben.
Man drückte uns eine Liste mit kostenlosen Campingplätzen in die Hand und wünschte uns viel Erfolg. Der nächstgelegene Campingplatz war ein einfacher Rastplatz direkt am Highway. Wir entschieden uns jedoch für eine 45-minütige Fahrt zu einem weiteren Platz mitten in den Bergen. Kein Strand, aber trotzdem traumhaft schön, direkt neben einem kleinen Bach im Wald gelegen. Wir mussten nur die Hauptstraße nebenan ignorieren und die 40 verzweifelten Camper, die sich mitten auf den Weg stellten, da keine Plätze mehr frei waren.
Es wurde nicht besser – nur teurer
Na ja, wir waren in den Bergen, dachten wir. Es kann nur besser werden. Aber tatsächlich wurde es nicht besser – nur teurer. Wer in dem trendigen Byron Bay einen Campingplatz sucht, muss zusätzlich bis zu 100 Euro bezahlen. Dafür gibt es Wasseranschluss, Strom und den Geruch von Grillkohle, der schon morgens um 9 Uhr über den Platz weht, wenn die ersten Würstchen gegrillt werden. Wir entschieden uns für Müsli, denn Australier haben eine ähnliche Vorstellung von Brot und Käse wie Amerikaner.
Wenn es keine Campingplätze am Strand gab, wollten wir uns zumindest abends mit einem Bier dort hinsetzen. Ein Bier im Supermarkt kostet etwa 2,50 Euro pro Flasche, nur ein Siebtel des Preises in einem Restaurant. Allerdings ist Alkohol in der Öffentlichkeit zu trinken verboten, weswegen wir uns zwischen den abgestellten Campern wiederfanden.
Wir taten, was jeder vernünftige Mensch tun würde
Nach neun Tagen hatten wir es fast geschafft: Wir waren an der Gold Coast und hatten nur noch eine Station, bis wir unseren Camper in Brisbane abgeben durften. Das Problem: Wir hatten uns noch nicht um einen Campingplatz gekümmert und der nächste freie Platz befand sich erneut mitten im Wald – ohne Wasser und Strom.
Und genau das war der Moment, in dem wir kapitulierten. Unsere romantische Vorstellung war sowieso bereits zerstört. In neun Tagen hatten wir insgesamt knapp 3500 Euro für den Camper, Stellplätze, Benzin, Essen und Trinken ausgegeben. Dafür, dass wir auf einer dünnen Schaumstoffmatratze schliefen, mit Flipflops duschten und uns abends von Tütensuppe ernährten. Also taten wir das, was jeder vernünftige Mensch tun würde: Wir parkten den Camper und buchten eine Nacht in einem Vier-Sterne-Hotel. Es kostete uns weitere 300 Euro, aber es war es wenigstens wert.
Falls ihr also auch die pure Freiheit spüren und das bohemianische Leben hautnah erleben möchtet, dann macht euch darauf gefasst, eure Reiseplanung ein halbes Jahr im Voraus abzuschließen und bereits jetzt Geld für das unabhängige Hippie-Dasein zu sparen.
- Margarethe Honisch ist Finanzbloggerin und Buchautorin. Auf ihrer Website Fortunalista und ihrem gleichnamigen Instagram-Account gibt sie Tipps rund um Altersvorsorge und Geldanlage. Für Business Insider schreibt sie ihre Kolumne “Aus Geld mehr machen”.