Menschen verlassen den christlichen Glauben. Gerade noch engagierte Mitarbeiter, jetzt skeptische Entkehrte. Mit Bekehrten können wir viel anfangen, aber Entkehrte? Das irritiert, verstört und stellt unsere eigene Position in Frage. Es deckt Seiten in unseren Gemeinden auf, die wir lieber ignorieren würden. Doch wie gehen wir damit um? Hier sind meine Gedanken dazu.
Die Fragen, die uns herausfordern
Es ist bedenklich, dass diese Fragestellungen so präsent sind. Wir haben eine besondere Verantwortung und die Möglichkeit, einen positiven Einfluss auf unsere Gemeinden zu nehmen. Indem wir ehrliche, gesunde und tragfähige Gemeinschaften fördern, die auch Zeiten des Zweifels und der Krise aushalten. Gemeinschaften, die „fromme Lügen“ entlarven und einen Lebensstil der Echtheit und Wahrheit (Leben im Licht) suchen.
Deshalb möchte ich das Buch “Warum ich nicht mehr Glaube” vorstellen und es besonders Verantwortlichen empfehlen, auch wenn es wehtun kann.
Ein mutiges und ehrliches Buch
Den drei Autoren ist ein mutiges und ehrliches Buch gelungen. Sie haben genau hingesehen und zugehört, um Entkehrten eine Stimme zu geben. Dabei greifen sie auf eine Studie des Instituts empirica für Jugendkultur und Religion zurück, die danach fragt, warum junge Menschen nicht mehr glauben wollen oder können. Durch acht sorgfältig ausgewählte Lebensgeschichten illustrieren sie vier Hauptgründe, warum junge Erwachsene dem Glauben den Rücken kehren.
Verstehen, nicht gleich bewerten!
Als Pastor bin ich von den Geschichten betroffen und erschüttert. Aber ich weiß auch, dass es wichtig ist, die Gründe dahinter zu verstehen, bevor wir sie bewerten. Das ist nicht einfach. Aber es ist klar, dass unsere Gemeinden und Kirchen lernen müssen, das zu verstehen. Wir haben keine Alternative! Das Buch hilft uns dabei, ohne Vorwürfe und konkret. Deshalb sollten es nicht nur Jugendlichen und jungen Erwachsenen, sondern auch Mitarbeitern in die Hände bekommen.
Vorschläge für Gemeinden
Im vierten Kapitel wagen sich die Autoren an konkrete Vorschläge für die Ortsgemeinde. Dabei merke ich, dass die Vorschläge zu sehr von den Entkehrten und zu wenig von dem Evangelium ausgehen. Oft denke ich daran, dass eine umfassende Verkündigung und Prägung durch das Evangelium allen Seiten helfen könnte. Sowohl den Menschen, die gerade dabei sind, Entkehrte zu werden, als auch den Gemeinden.
Die Perspektive des Evangeliums
Das Evangelium spricht schonungslos die Defizite an, an denen Entkehrte sich reiben. Es zeigt aber auch die Schönheit und Hoffnung, die Jesus im christlichen Glauben eröffnet. Wir können ehrlich und befreit leben, ohne zu “älteren Brüdern” zu werden. Doch das ist eine große Herausforderung in unseren Gemeinden. Oft wird nur ein Teil des Evangeliums verkündigt und gelebt. Deshalb ist dieser Ansatz aus meiner Sicht eine echte Perspektive, die unbedingt in die zukünftigen Reflexionen über das Thema einbezogen werden sollte.
Ausblick auf die Zukunft
Die drei Autoren sind zurzeit unterwegs, um ihr Buch vorzustellen und zu diskutieren, nachdem es bereits in kurzer Zeit eine zweite Auflage erhalten hat. Es ist geplant, ein Nachfolgebuch zu veröffentlichen, das sich mit ehrlichen und hoffnungsvollen Perspektiven für Entkehrte und Bekehrte auseinandersetzt.
Ich kann das Buch nur empfehlen. Wer jedoch einen ersten Eindruck gewinnen möchte, kann sich mit der Ausgabe von AUFATMEN zum Thema Entkehrung beschäftigen.
Tobias Faix, Martin Hofmann, Tobias Künkler – Warum ich nicht mehr glaube
SCM Brockhaus, Witten
248 Seiten, 17,95 €, 26,90 CHF