Für viele Menschen gibt es nichts Schöneres, als entspannt mit Freunden nach Feierabend zusammen zu sitzen und gemütlich etwas zu trinken. Zu den beliebtesten Sommerdrinks zählen Gin Tonic und Aperol Spritz. Doch für ein Glas werden häufig acht bis zehn Euro verlangt, obwohl der Wareneinsatz vergleichsweise günstig ist. Der Barkeeper Sven Goller erklärt im Gespräch mit dem stern, warum einige Drinks so teuer sein müssen und warum Obstler besser sind als ihr Ruf.
Das Leben im Bar-Himmel
Sie haben eine Bar in Bamberg, einer Stadt mit 75.000 Einwohnern. Was ist härter: Das Leben hinterm Tresen in Berlin oder Bamberg?
Das kann man nicht genau sagen. Wir haben es leichter, die passenden Räumlichkeiten für eine Bar zu bekommen. Für uns ist es wiederum nicht so einfach, Personal zu finden. Der Fachkräftemangel ist aber deutschlandweit ein Problem: Je mehr gute Bars aufmachen, desto begehrter ist das Personal.
Barleben in der Großstadt
Die Großstadtbar hat es also insgesamt leichter?
Das würde ich nicht sagen, auch Großstadtbars haben mit Herausforderungen zu kämpfen wie hohe Mieten oder Gentrifizierung. Auch ist Diskretion in Großstadtbars wichtiger, dort verkehren regelmäßiger prominente Persönlichkeiten als im beschaulichen Bamberg. Dafür kommt es in Berlin selten vor, dass Leute in die Bar kommen, die noch nie einen klassischen Cocktail getrunken haben.
Die teure Wahrheit hinter den Drinks
Sie müssen also häufig erklären, warum ein Drink teuer ist?
Das ist bei uns natürlich eher ein Problem. Wir haben Drinks, die 12 Euro kosten und welche für 8,50 Euro im Angebot.
Selbst das ist noch viel.
Wir erreichen sicherlich nicht jeden Gast. Wer in der Happy Hour einen Jumbococktail für 4,50 Euro haben möchte, geht nicht zu uns. Jemand der zu McDonald’s geht, geht auch selten in ein Restaurant, in dem das Essen 40 Euro kostet. Wenn man sich einen Restaurantbesuch oder einen guten Cocktail nicht leisten kann, ist dies natürlich etwas anderes. Oft sind aber Menschen nicht bereit, etwas mehr Geld für deutlich bessere Qualität auszugeben.
Für einen Aperol Spritz werden häufig zehn Euro verlangt. Dabei kosten die Zutaten doch kaum etwas.
Man muss als Bar immer darauf achten, dass das Preisgefüge stimmt. Wenn ein Drink 5,50 Euro kostet und ein anderer 13 Euro, funktioniert das wirtschaftlich nicht. Man muss eine gewisse Preisschwelle haben, um rentabel zu sein. Deshalb ist es wichtig, das zu kommunizieren. In Japan ist es üblich, dass man umgerechnet erst einmal 15 bis 20 Euro für den Sitzplatz bezahlt, weil die Bars so klein sind und Sitzplätze so begehrt. Sonst wären die Drinks utopisch teuer. In einigen Läden sind die Preise auch höher, weil es um das Gesamterlebnis geht – etwa einen herausragenden Service.
Trotzdem: In der Zubereitung sind viele Drinks doch sehr günstig.
Mir geht es ab und zu genauso, wenn ich einen Daiquiri für 15 Euro bestelle, obwohl er nur aus weißen Rum, Limette und Zucker besteht. Da liegt der Wareneinsatz vielleicht bei 1,50 Euro. Dann muss ich auch schlucken. Aber ein anderer Cocktail ist für 15 Euro vielleicht günstiger, als er sein müsste. Am Ende des Tages ist das eine Mischkalkulation der Besitzer. Viele Cocktailbars verkaufen deshalb entweder auch gar kein Bier oder es ist klein und relativ teuer.
Eine Frage des Geschmacks
Stört es Sie, wenn jemand in ihrer Bar ein Bier bestellt?
Nein. Ich habe damit gar kein Problem. Wenn man kein Bier verkaufen möchte, sollte man keins anbieten – der Gast nimmt ja nur das Angebot wahr.
Die Preise steigen sicherlich auch durch immer teurer werdende Spirituosen.
Der Preis ist nicht immer alles. Es gibt günstige Spirituosen, die sehr gut sind. Es gibt Gins, die kosten 40 Euro pro halber Liter, die meiner Meinung nach Schrott sind. Andere sind in Handarbeit hergestellt, da ist der Preis gerechtfertigt. Als Preis-Leistungs-Tipp empfehle ich Tanqueray Gin. Ein Klassiker, für den man kein Vermögen ausgibt.
Sie arbeiten gerne mit Obstbränden. Sind die hohen Preise dort Ihrer Meinung nach gerechtfertigt?
Das kann man so pauschal nicht sagen. Bei kleinen Brennereien ist der hohe Preis womöglich gerechtfertigt. Da kann man auch 30 bis 40 Euro ausgeben. Wer 50 Euro für einen Gin bezahlt, sollte sich aber fragen, ob man nicht vielleicht auch mal 30 Euro für einen guten Obstbrand ausgibt.
Obstler, das klingt angestaubt. Was kann man damit machen?
Mit Birnenbrand kann man einen Birne-Sour machen. Das Grundprodukt ist teuer, aber der Geschmack ist so komprimiert, dass oft auch nur 5 ml reichen, um zum Beispiel einem Manhattan oder Old Fashioned einen fruchtigen Twist zu geben, ohne ihn süßer zu machen. Man kann den Obstbrand auch einfach mit Tonic mischen. Oder pur kosten. Das ist nicht mehr wie früher bei unseren Großeltern, dass der Obstler nur brennt und weh tut. Die Aromatik steht bei guten Brennern im Vordergrund.
Du trommelst also für ein Comeback des Obstlers?
Ich würde es toll finden, wenn Obstbrand der nächste große Trend werden würde. Die Mühe, die da drin steckt, die Liebe, die Handarbeit: Es ist eine großartige Leistung, die Frucht ins Glas zu bekommen. Und ganz ehrlich: Kirsche, Birne, Mirabelle – wer mag das nicht? Das ist für mich Sommer