Warum nehme ich trotz 1000 Kalorien nicht ab?

„Ich esse nur 1000 Kalorien und nehme nicht ab“ – Wie ist das möglich?

Habt ihr das auch schon erlebt? Ihr spart an Kalorien, denkt, dass ihr bereits extrem wenig zu euch nehmt und könnt einfach nicht verstehen, warum sich die Waage keinen Millimeter nach links bewegt. Dieses Mysterium wird von vielen Experten und Gurus auf die Theorie des “eingeschlafenen Stoffwechsels” geschoben. Wenn der Stoffwechsel einschläft, kann man nicht abnehmen, da unser Körper sich vehement dagegen wehrt – es geht um das blanke Überleben! Aber lasst mich euch etwas sagen – ja, unser Körper reagiert tatsächlich auf anhaltende Kalorienknappheit mit Maßnahmen, die den Kalorienverbrauch in Ruhe und während der Aktivität senken. (hier findet ihr den Beitrag dazu). Aber heute geht es nicht um Themen wie adaptive Thermogenese, Muskelmasseverlust oder reduziertes NEAT. Stattdessen möchte ich euch etwas vorstellen, das Nadja Hermann in ihrem Buch “Die Fettlogik überwinden” großartig beschreibt. Auch wenn ich nicht alle Aussagen aus dem Buch vollständig unterstütze, hat das folgende Kapitel für mich einen so großen Informationsgehalt, dass ich ihn gerne mit euch teilen möchte. Die Autorin stellt die Frage des ausbleibenden Fortschritts umgekehrt: “Bist du dir wirklich sicher, dass du nur 1000 Kalorien am Tag zu dir nimmst?” Interessanterweise zeigen begleitende Literatur und Studien, dass viele Diätende und sogar Fachleute in Sachen Kalorien-schätzen himmelweit danebenliegen. Sie liegen falsch sowohl in Bezug auf die aufgenommene Menge als auch den tatsächlichen Verbrauch!

Auszug aus “Die Fettlogik überwinden”

Kapitel “Aber ich esse wirklich nur 1000 Kalorien am Tag und nehme nicht ab”

Mein Lieblingsessen war, entgegen des Klischees des Fastfood-essenden Dicken, ein großer gemischter Salat mit Fisch. Das gab es sehr häufig, und ich schätzte ihn in meinem inneren Kalorientagebuch auf etwa 500 Kalorien ein. Als ich nach Jahren zum ersten Mal alles abwog und die tatsächliche Kalorienmenge berechnete, stellte ich fest, dass das Dressing mit drei Löffeln Olivenöl bereits etwa 300 Kalorien hatte. Der Salat selbst lag mit Tomate, Gurke, Paprika und Feldsalat noch im akzeptablen Bereich in Bezug auf Kalorien. Doch der Mozzarella schlug schon deutlich mehr zu Buche, und dass der Fisch aus gebratenem Lachs bestand, ließ den Salat auf etwa 1500 Kalorien steigen. Das Dreifache dessen, was ich geschätzt hatte – und für eine kleine, zierliche Frau bereits der komplette Tagesbedarf.

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Tatsächlich unterschätzen sich Menschen massiv, wenn es um die Aufnahme von Kalorien geht. Übergewichtige tendieren dazu, ihre Aufnahme stark zu unterschätzen. In einer Studie von Lichtman et al. aus dem Jahr 1992 wurden sogenannte “diätresistente” Menschen untersucht. Diese Menschen gaben an, trotz einer Aufnahme von weniger als 1200 Kalorien pro Tag kein Gewicht zu verlieren. Die Messung des Energieverbrauchs ergab, dass alle diese Personen im Rahmen des errechneten Verbrauchs lagen (also dem, was mit der Formel des Grundumsatzrechners geschätzt wurde) – natürlich weit über 1200 Kalorien pro Tag. Sie unterschätzten ihre durchschnittliche Kalorienaufnahme im Ernährungstagebuch um 47 Prozent, während sie ihren Aktivitätsgrad um 51 Prozent überschätzten. Als Gründe für ihr Übergewicht vermuteten sie genetische Veranlagung und Schilddrüsenprobleme, wohingegen sie ihr Essverhalten als normal wahrnahmen.

„Ich esse nur 1000 Kalorien und nehme nicht ab“ – Wie ist das möglich?

2010 wurde eine ähnliche Studie von Pietiläinen et al. durchgeführt. Die Teilnehmer waren diesmal eineiige Zwillinge, von denen einer normalgewichtig und der andere adipös war. Die Zwillinge sollten jeweils ihr eigenes Ess- und Bewegungsverhalten und das ihres Zwillings protokollieren. Zusätzlich wurden objektive Messungen der Kalorienaufnahme durchgeführt. Das interessante Ergebnis: Die Selbstberichte der Zwillinge ergaben jeweils eine ähnliche Kalorienaufnahme und Bewegung. Die adipösen Testpersonen waren der Meinung, sich ähnlich zu ernähren und zu bewegen wie ihr schlanker Zwilling. Die schlanken Zwillinge hingegen gaben an, dass ihr adipöser Geschwisterteil wesentlich mehr und ungesünder aß und sich weniger bewegte. Die objektiven Messungen bestätigten, dass die übergewichtigen Geschwister im Durchschnitt 800 Kalorien zu wenig aufzeichneten, aber ihren Verbrauch um etwa 450 Kalorien überschätzten.

Allerdings fällt es Menschen generell schwer, Kalorien richtig einzuschätzen, wie eine Studie von Burton (2006) zeigt. Bei kalorienarmen Gerichten wie Hühnerbrust oder Truthahnsandwich liegt die Schätzung noch relativ korrekt bei etwa 500 Kalorien, aber mit steigendem Kaloriengehalt der Mahlzeit wird die Schätzung immer ungenauer. Bei einer Mahlzeit mit 2000 Kalorien liegt die Schätzung im Durchschnitt nur bei knapp 1000 Kalorien. Ein Nudelgericht mit 1500 Kalorien wird auf etwa 700 Kalorien geschätzt. Die kalorienreichen Käsefritten mit Ranchdressing, die tatsächlich 3000 Kalorien pro Portion enthalten, werden im Schnitt nur auf etwa 900 Kalorien geschätzt.

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In einer Untersuchung mit 28 Personen unterschiedlicher Gewichtsklassen von Kroke et al. war nur eine einzige Person mit ihren Angaben im korrekten Bereich. Muhlheim et al. konnten sogar zeigen, dass Menschen ihre Kalorienaufnahme selbst dann noch zu niedrig angeben, wenn ihnen gesagt wird, dass ihre Angaben überprüft werden. Sie zählen dann zwar etwas genauer als Menschen, die diese Information nicht bekommen, unterschätzen aber dennoch ihre Kalorienaufnahme.

Selbst Ernährungsberater sind nicht in der Lage, ihre Kalorienaufnahme korrekt anzugeben. In einer Studie von Champagne et al. wurden die Angaben von Ernährungsberatern mit denen von Laien über einen einwöchigen Zeitraum verglichen. Die Laien unterschätzten ihre Kalorienaufnahme im Durchschnitt um 429 Kalorien pro Tag, einige sogar um 1000 Kalorien daneben. Die Experten waren genauer in ihren Angaben, lagen aber dennoch um 223 Kalorien pro Tag daneben, einige sogar um bis zu 800 Kalorien. Wenn also nicht einmal Experten mit jahrelanger Berufserfahrung in der Lage sind, ihre Kalorienaufnahme korrekt zu schätzen, ist dies ein deutlicher Hinweis darauf, dass man der Selbsteinschätzung generell nicht vertrauen sollte.

Die harte Wahrheit ist daher: Wer glaubt, “eigentlich gar nicht so viel zu essen” und unerklärlicherweise übergewichtig zu sein, hat ein Wahrnehmungs- und kein Stoffwechselproblem.

Resümee

Das sind harte Worte, die nicht für jeden gelten müssen, aber jeden zum Nachdenken und zur kritischen Kontrolle seiner Ernährung bewegen sollten. Wie viele Kalorien nehmen wir wirklich zu uns und wie hoch ist unser tatsächlicher Kalorienverbrauch? Eine moderne Tracking-App wie HBN FitfoodPlan kann die Antwort auf Frage 1 liefern, während das Körpermonitoring individuell Antwort auf Frage 2 geben kann.

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Geht auf Nummer sicher!