Die miese Stimmung rauslassen. Sich mal richtig gehen lassen. Dem anderen deutlich die Meinung sagen – Gedanken wie diese hat jeder Mensch mal. Doch die meisten reißen sich zusammen, beißen auf die Zähne und machen weiter wie bisher. Sie fragen sich nicht, warum sie schlecht gelaunt sind. Dabei wäre das durchaus sinnvoll. Denn wer solchen Gefühlen auf den Grund geht, kann etwas über sich und andere lernen – und womöglich sein Leben verbessern.
Niemand kann permanent gut drauf sein. Es gibt viele gute Gründe, sich schlecht zu fühlen. Dazu gehören zum Beispiel der Verlust eines geliebten Menschen, eine Kränkung, Ausgrenzung oder Unzufriedenheit. Aber auch Grenzen, die andere in Bezug auf einen selbst überschritten haben, oder eine Arbeit, die der eigenen Persönlichkeit nicht entspricht, können die Ursache sein.
Rotes Lämpchen – Grund für die schlechte Laune finden
“Schlechte Laune ist wie ein rotes Lämpchen beim Auto”, stellt der Hamburger Psychologe Thomas Prünte fest. “Ganz platt gesagt: Soll- und Ist-Zustand stimmen nicht überein, wenn man schlecht gelaunt ist.” Das rote Lämpchen signalisiert: “Halt mal inne. Begib dich auf Spurensuche. Gibt es etwas, wo du dich zum Beispiel übergangen gefühlt hast?”
Sinnvoll ist es, seiner Umgebung dann deutlich zu sagen: “Ich bin nicht gut drauf, lass mich einfach in Ruhe, ich weiß selbst noch nicht genau, woran es liegt.” So wissen andere Menschen, wie sie mit einem übellaunigen Gegenüber umgehen sollen, und nerven nicht aus Versehen noch mehr.
Wichtig ist in jedem Fall, seine schlechte Laune selbst wahr- und dann auch ernst zu nehmen. “Das kann einem keiner abnehmen”, sagt Prünte. Er rät zu dem Versuch, möglichst konkret den Grund für die miese Stimmung zu formulieren – nach dem Motto: “Ich fühle mich schlecht, weil…” oder “Was mir jetzt fehlt, ist…”. Meist geht es um Grundbedürfnisse wie Anerkennung, Zuneigung oder Geborgenheit.
Unangenehmes zuerst erledigen
Eine solche Herangehensweise empfiehlt auch Kerstin Reviol, Fachliche Leiterin der Arbeits- und Organisationspsychologie beim TÜV Süd. “Ich sollte mich fragen, was für Gedanken mir im Kopf herumgehen.” Wer die Ursache für seine schlechte Laune erkannt hat, ist einen großen Schritt weiter: “Wenn ein Problem ein Etikett, eine Überschrift hat, entlastet das ganz oft”, sagt die psychologische Psychotherapeutin. “Man kann es jetzt bearbeiten und sich Lösungsoptionen überlegen.”
Das könnte zum Beispiel so aussehen: Was für ein Tag steht mir bevor? Habe ich keine Lust auf die Aufgabe, die ich heute erledigen muss? Oder habe ich grundsätzlich keine Lust auf meine Arbeit?
Im ersten Fall hilft es, das Unangenehme direkt zu erledigen, dann stellt sich laut Reviol gute Laune von selbst ein. Im zweiten Fall könnte es sinnvoll sein, mit einem guten Freund, dem Partner oder auch einem Coach zu analysieren, was einen zum Beispiel im Job nicht motiviert und dann – auch mit Hilfe von außen – einen Ausweg zu finden.
Eine einfache Methode, die Laune zu verbessern, ist die bewusste Steuerung der Gedanken. Negative Gedanken führen zu negativen Gefühlen. Demzufolge hilft es sich positive Dinge ins Gedächtnis zu rufen, die sich positiv auf die Stimmung auswirken. Man kann sich dafür einige Fragen stellen, die das Gemüt aufhellen. Solche Fragen könnten zum Beispiel sein: Worüber könnte ich mich freuen, wenn ich wollte? Was begeistert mich? Worauf bin ich stolz? Es lassen sich noch viele weitere Fragen dieser Art finden und jeder wird unterschiedliche, positive Antworten finden.
Ständig schlechte Laune ohne Grund als Warnsignal
Unbedingt genauer mit seiner schlechten Laune befassen sollte sich Reviols Ansicht nach derjenige, dessen Stimmung die “normale emotionale Flexibilität” überschreitet. Das heißt: Ist jemand jeden zweiten bis dritten Tag über mehrere Stunden schlecht gelaunt, könnte mehr dahinterstecken. “Wenn man sich selbst nicht mehr erklären kann, warum man so gelaunt ist und es ein paar Tage andauert, sollte man mal seinen Hausarzt fragen”, rät Professor Frank Schneider, Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uniklinik Aachen.
Aber selbst wenn es auf Außenstehende manchmal so wirkt: Eine Krankheit ist schlechte Laune nicht. “Und sie ist auch nur selten ein Symptom”, betont Schneider. Vielfach hat schlechte Laune, Unwirsch-Sein und Reizbarkeit schlicht mit Stress und Überforderung zu tun.
“Jeder ist mal schlecht gelaunt, weil er schlecht geschlafen hat, zu viel Alkohol getrunken hat oder nicht alles nach Schema F geht”, nennt der Mediziner Beispiele. Psychologe Prünte sieht in schlechter Laune sogar fast eine Burn-out-Prophylaxe: Sie kann einem Menschen helfen zu begreifen, dass er seine Grenzen überschritten hat.
Anzeichen für einige Krankheiten
Ein Krankheitszeichen ist Übellaunigkeit allerdings bei der Demenzerkrankung Morbus Pick. Diese führt zu Veränderungen im vorderen und seitlichen Teil des Stirnhirns, also dem Bereich, der unter anderem für die Verhaltenssteuerung zuständig ist. “Wenn dort eine Demenz auftritt, gehört Reizbarkeit als erstes Symptom dazu”, sagt Schneider.
Auch Menschen mit einer sogenannten querulatorischen Persönlichkeitsstörung oder einer Manie seien extrem reizbar – und wirken damit schlecht gelaunt auf ihre Umwelt.