Warum Streit unter Geschwistern wichtig ist

Warum Streit unter Geschwistern wichtig ist

Streit unter Geschwistern ist ein alltägliches Phänomen, vor allem in den ersten Lebensjahren. Dabei geht es oft um Besitz und die Frage: “Das ist meine Schaufel!” Ein kognitiv anspruchsloser Streit, wie Hannes Rakoczy es nennt. Mit zunehmendem Alter ändern sich die Streitthemen und betreffen nicht mehr nur den Besitz, sondern auch Freunde, Regeln und das Verhalten innerhalb der Familie. Gerade in der Pubertät, wo Jugendliche ohnehin mit vielen Gefühlen überflutet sind, ist eine sinnvolle Unterstützung bei Konflikten besonders wichtig.

Interessiert und herzlich

Eine gesunde Streitkultur in der Familie ist entscheidend, um das soziale Miteinander zu üben. Dabei spielt der Erziehungsstil eine entscheidende Rolle. Untersuchungen haben gezeigt, dass der autoritative Erziehungsstil am besten abschneidet. Dieser beinhaltet interessierte, herzliche Eltern, die klare Regeln und Strukturen bieten. Eine solche Erziehung führt zu weniger Streit zwischen Geschwistern. Im Gegensatz dazu sorgen autoritäre Eltern, die Gehorsam fordern und wenig Wärme und Verständnis zeigen, sowie permissive Eltern, die zwar warm und zugewandt sind, aber keine klaren Regeln haben, für mehr Konflikte zwischen Geschwistern.

“Auch aus ungünstigen Erziehungsstilen lernen Kinder etwas, aber nicht gerade eine gute Streitkultur”, sagt Hannes Rakoczy. Wenn Eltern beispielsweise tolerieren, dass sich immer die physisch Stärkeren durchsetzen, nehmen ihre Kinder andere Erfahrungen mit als in einem herrschaftsfreien Diskurs, bei dem es um die Koordination von Interessen geht. Zugewandte Eltern können die kognitiven Fähigkeiten ihrer Kinder fördern, indem sie über die Perspektiven anderer sprechen.

Kinder beobachten auch das Verhalten ihrer Eltern in Konfliktsituationen. Wenn die Eltern ihre Argumente regelmäßig mit dem Knüppel unterstützen, fällt es ihren Kindern ebenfalls schwer, mit guten Argumenten zu streiten. Eltern sind Vorbilder, die ihr Nachwuchs nachahmt. Wenn Eltern ihren Standpunkt ruhig und nachvollziehbar verteidigen, sind ihre Kinder eher bereit, ihre Gedanken zu reflektieren und zu erklären.

LESEN  Das ist ein Sportjournalist?!

Jungen sind eher aggressiv

Die Charaktereigenschaften der beteiligten Individuen spielen in Streitsituationen ebenfalls eine Rolle. Jennifer Jenkins fasst die Ergebnisse verschiedener Studien zusammen, die geschlechtsspezifische Unterschiede untersuchten. Demnach verhalten sich Mädchen häufig wärmer gegenüber ihren Geschwistern, während Jungen eher zu Aggressionen neigen. Die meisten Konflikte treten zwischen zwei Jungen auf, während Mädchen-Paare am besten miteinander auskommen.

Darüber hinaus beeinflussen individuelle Eigenschaften wie Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus den Umgang zwischen Geschwistern. “Wenn es viel Streit gibt, kann es daran liegen, dass sie vom Charakter her einfach nicht zusammenpassen”, sagt Tanja Legenbauer. Ob verwandt oder nicht, manche Menschen können sich einfach nicht leiden. Dies gilt auch für den Umgang der Eltern mit ihren Kindern. Wenn ein Vater sehr regelorientiert ist, wird er nicht so gut mit einem temperamentvollen, impulsiven Kind zurechtkommen. Wenn man nicht zusammenpasst, stößt man viel schneller an seine Grenzen.

Streit zwischen Geschwistern ist also ein normaler Teil ihrer Entwicklung. Es ist wichtig, dass sie lernen, Konflikte auf konstruktive Weise zu lösen und gleichzeitig ihre eigene Unabhängigkeit und Rolle in der Familie zu verteidigen. Eine gesunde Streitkultur, unterstützende Eltern und ein Verständnis für die individuellen Charaktereigenschaften jedes Kindes tragen dazu bei, dass Geschwisterbeziehungen wachsen und gedeihen können.