Warum tötet Zaid?

Warum tötet Zaid?

Jürgen Todenhöfer hat ein zorniges Buch geschrieben, das uns einen neuen Blick auf die islamische Welt eröffnet. In seinem Werk “Warum tötest Du, Zaid?” beleuchtet er drei komplexe Themen, mit denen er sich auseinandersetzt.

Eine verdrehte Sicht der islamischen Welt

Todenhöfer kritisiert die historisch und politisch verdrehte Sicht, die wir häufig von der islamischen Welt haben. Er argumentiert, dass die meisten Westler nur ungenügende oder regierungsamtlich manipulierte Informationen über diese Region besitzen. Hierbei spielt auch der “spin” der Bush-Regierung zur Rechtfertigung des Irak-Krieges eine Rolle. Todenhöfer zeigt, wie Reporter, die im Schutz der amerikanischen Streitkräfte aus dem Irak berichteten, beeinflusst wurden.

Eine Reise in die irakische Provinz Anbar

Der Hauptteil des Buches dreht sich um Todenhöfers Reise nach Ramadi, in die irakische Provinz Anbar. Als verkleideter deutscher Arzt hat er sich undercover in dieses Gebiet gewagt. Dort führte er Gespräche mit Aufständischen, die sich als “irakischer Widerstand” gegen die Besatzer bezeichnen. Diese Gespräche machen den Großteil des Buches aus und geben uns einen Einblick in die Gedankenwelt der Menschen vor Ort.

Ein Plädoyer für gerechte Behandlung der Muslime

Todenhöfer plädiert energisch für eine gerechte Behandlung der Muslime, da der Westen sich über Jahrhunderte hinweg an ihnen versündigt habe. Er stellt die Zahl der getöteten muslimischen Zivilisten seit Beginn der Kolonialzeit in Relation zu den Opferzahlen in der westlichen Welt. Diese einseitige Betrachtung soll politisches Bewusstsein schaffen und wurde sogar in selbst finanzierten Anzeigen in der “New York Times” und anderen Zeitungen veröffentlicht.

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Die Beschreibung von Todenhöfers abenteuerlicher Reise von Damaskus nach Ramadi in die irakische Provinz Anbar, die zuvor eine Hochburg der Al-Qaida-Terroristen war, ist besonders spannend. Er berichtet über das Leben der Einwohner unter dem permanenten Ausnahmezustand der Besatzung und gibt in seinen Gesprächen mit den Aufständischen ihre Sichtweise weiter.

Es zeigt sich ein Muster: Viele Betroffene berichten von Verlusten durch militärische Aktionen der Amerikaner. Ihr Widerstand speist sich aus einer Mischung von Rachegefühlen und Demütigungserfahrungen. Todenhöfer hat keine Anzeichen einer Befriedung der Lage in Ramadi festgestellt. Die Amerikaner und die irakische Armee beherrschen lediglich das Stadtzentrum, während der Rest der Stadt und ihre Außenbezirke nur tagsüber und schwer bewaffnet betreten werden.

Allerdings wäre es wünschenswert gewesen, wenn Todenhöfer einige Aussagen seiner Gesprächspartner überprüft oder zumindest kritisch hinterfragt hätte. Die Frage nach der Verantwortung für die Morde, die den Gesprächspartnern wie Zaid und anderen Angehörigen zur Last gelegt werden, bleibt unbeantwortet. Ist es wirklich wahr, dass amerikanische Soldaten für diese Gräueltaten verantwortlich sind? Gibt es nicht eine beträchtliche Anzahl von Opfern, die auf das Konto der Killer von Al-Qaida gehen? Die Behauptungen einiger Gewährsleute, dass die mörderischen Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten im Irak erst durch das Eingreifen der Amerikaner entstanden, wirken naiv angesichts der politischen Konstellation. Die Aussage, dass Christen aktiv am irakischen Widerstand gegen die Besatzung beteiligt waren, mag in Einzelfällen stimmen, wirkt aber angesichts der massiven Vertreibung und vieler Morde wenig glaubwürdig. Zweifel dieser Art kommen bei fast jedem von Todenhöfers Gesprächspartnern auf.

Todenhöfers Bericht aus Ramadi ist daher eine einseitige, parteiische Sicht auf die irakische Realität. Sein Buch verdient jedoch Anerkennung für den persönlichen Mut, an Orten zu recherchieren, die normalerweise Journalisten unter militärischem Schutz verborgen bleiben. Es fügt unserer unvollständigen Kenntnis der irakischen Realität alternative, unterdrückte oder zumindest wenig bekannte Facetten hinzu.

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Quelle: Jürgen Todenhöfer: Warum tötest du, Zaid? C. Bertelsmann Verlag, München 2008. 336 S., 19,95 [Euro].