Warum treten Menschen aus der Kirche aus?

Warum treten Menschen aus der Kirche aus?

Kirchenaustritte sind heutzutage keine Seltenheit mehr. Immer mehr Menschen entscheiden sich dazu, ihre Mitgliedschaft in der Kirche zu beenden und suchen nach Alternativen, um ihren Glauben auszuleben. Aber warum ist das so? Was sind die Gründe für diesen Trend?

Wenige konkrete Anlässe, aber ein deutlicher Zusammenhang mit dem Alter

Nur eine Minderheit der Befragten gibt einen konkreten Anlass für ihren Kirchenaustritt an. Interessanterweise zeigt sich ein Zusammenhang mit dem Alter: Jüngere Menschen veranschlagen konkrete Anlässe seltener als ältere und geben häufiger an, diesen Schritt schon länger entschieden zu haben. Für fast ein Fünftel von ihnen ergibt sich der Austritt aus einer “guten Gelegenheit”.

Die häufigsten konkreten Anlässe für den Kirchenaustritt sind die kirchlichen Skandale zur sexualisierten Gewalt an Kindern und die Verschwendung finanzieller Mittel. Bei den vormals Katholischen zählt auch die Ablehnung von Homosexuellen dazu. Bei den vormals Evangelischen sind Skandale kaum als Austrittsgrund erkennbar. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die Skandale bei den vormals Evangelischen eher zur Untermauerung der bereits getroffenen Entscheidung dienen, während sie bei den vormals Katholischen eine stärkere kirchliche Verbundenheit zur Zeit des Austritts offenbaren.

Das “Versagen” der Institution

Ein weiterer wichtiger Grund für den Kirchenaustritt ist das wahrgenommene “Versagen” der Kirche. Dabei geht es sowohl um den Anspruch der Kirche als auch um den Umgang mit den gesellschaftlichen Anforderungen. Besonders bei den vormals Katholischen fallen die Zustimmungswerte dazu besonders hoch aus. Die Unglaubwürdigkeit der Kirche, die mangelnde oder fehlende Gleichstellung der Frauen und eine Ausrichtung an Werten, die an den Gegebenheiten in der modernen Gesellschaft vorbeiläuft, sind die Hauptgründe, die genannt werden.

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Kosten-Nutzen-Abwägung

Ein weiterer Aspekt, der bei vielen Menschen eine Rolle beim Kirchenaustritt spielt, ist die persönliche Irrelevanz von Religion und Kirche. Sowohl vormals Evangelische als auch Katholische stimmen dieser Aussage deutlich zu. Besonders bei den vormals Evangelischen steht die Ersparnis der Kirchensteuer an erster Stelle der Gründe. Dies bestätigt die gängige Vorstellung, dass die Kirchensteuer bei fehlender religiöser Bindung als Kostenfaktor wahrgenommen wird und den Austritt wahrscheinlicher macht. Auch hier ist das Alter ein wichtiger Faktor, denn jüngere Menschen stimmen diesen Aussagen häufiger zu als ältere.

Primäre Sozialisation

Die primäre Sozialisation spielt eine wichtige Rolle bei der Entscheidung zum Kirchenaustritt. Besonders bei den vormals Evangelischen wird deutlich, dass der Bedeutungsverlust des religiösen Selbstverständnisses über die Generationen hinweg sichtbar wird. Bei den vormals Katholischen scheint es hingegen zu einem regelrechten Bruch gekommen zu sein. Trotz religiöser Erziehung haben sie sich für den Austritt entschieden und unterscheiden sich in ihrem aktuellen Selbstbild nur wenig von den vormals Evangelischen.

Fazit

Kirchenaustritte sind ein immer häufiger auftretender Trend. Die Gründe dafür sind vielfältig und oft persönlicher Natur. Ob es die kirchlichen Skandale, das wahrgenommene “Versagen” der Institution oder die Kosten-Nutzen-Abwägung ist – für jeden Menschen gibt es individuelle Motive, die letztendlich zu dieser Entscheidung führen. Die primäre Sozialisation spielt ebenfalls eine wichtige Rolle und prägt das Verhältnis zur Kirche und zum Glauben nachhaltig. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Trend in Zukunft weiterentwickelt.

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Quelle: Sozialwissenschaftliches Institut der EKD, 03.2022