Warum wir alle Vorurteile haben

Warum wir alle Vorurteile haben

Ob gerechtfertigt oder nicht, Vorurteile beeinflussen unser Verhalten, auch wenn wir es nicht beabsichtigen. Professorin Juliane Degner von der Universität Hamburg erklärt, dass unsere Handlungen häufig von den Stereotypen abhängen, die wir in anderen Menschen sehen.

Das Einfluss der Stereotypen

Verschiedene Studien zeigen, dass Afroamerikaner in den USA in Gerichtsverfahren tendenziell härter bestraft werden und häufiger zum Tode verurteilt werden. Ob dies auf bewusste Diskriminierung zurückzuführen ist, bleibt die Frage. Doch auch in anderen Situationen spielen Stereotype eine Rolle, wie zum Beispiel bei politischen Wahlen. Hier scheint das Aussehen einer Person tatsächlich entscheidend für die Einschätzung ihrer Kompetenz zu sein.

Eine Untersuchung verglich die Bewertung der Kompetenz von auf Fotos abgebildeten Personen durch Studienteilnehmende mit den tatsächlichen Wahlergebnissen oder fiktiven Wahlen einer zweiten Gruppe. Aus den Daten geht jedoch nicht hervor, worin genau sich die Kompetenz manifestiert. Eine andere Studie ergänzt zudem, dass der Einfluss des Aussehens vor allem bei Wählern und Wählerinnen stark ist, die wenig politisch interessiert sind und häufig fernsehen.

Wechselwirkung der Stereotypen

Stereotypen sind oft miteinander verflochten und beeinflussen sich gegenseitig. Besonders deutlich wird dies bei Vergleichen zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen oder sozialer Gruppen. Ein Beispiel dafür ist das “Babyface”: Weiße Männer, die diesem Stereotyp entsprechen, haben oft weniger Erfolg in Führungspositionen. Bei schwarzen Männern hingegen scheint ein Babyface eher zu größerem Erfolg beizutragen. Laut einer Studie wirken die freundlichen, weichen Konturen des Gesichts dem Stereotyp des “gefährlichen Schwarzen” entgegen.

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Die Stabilität der Stereotypen

Einmal gebildete Vorstellungen sind oft schwer loszuwerden. Verschiedene Mechanismen tragen dazu bei. Zum einen verarbeiten wir Informationen schematisch. Wenn uns ein Freund von einem Restaurantbesuch erzählt, haben wir automatisch ein Bild davon im Kopf. Solange uns kein detaillierter Bericht präsentiert wird, der den Abend anders beschreibt, bestätigen wir unsere Vorstellung und festigen sie somit.

Unser Gehirn verarbeitet Informationen so, dass es Stereotypen unterstützt. Es sucht nach Dingen, die unsere Ansichten bestätigen, anstatt sie zu widerlegen – das nennt sich “positiver Hypothesentest”. Menschen, die nicht in unser Weltbild passen, werden häufig in eine andere Kategorie eingeordnet.

Ein gutes Beispiel hierfür ist das Stereotyp der pünktlichen Deutschen. Obwohl wir sicherlich viele wunderbare Gegenbeispiele kennen, werden wir von Menschen aus anderen Ländern häufig als besonders pünktlich eingeschätzt. Wenn jedoch jemand aus Deutschland unpünktlich ist, ordnet unser Gehirn ihn unbewusst in die Kategorie “unpünktliche Deutsche” ein – ein Ort für alle Abweichungen von unseren Einstellungen. Dadurch verfestigt sich das Stereotyp “Deutsche sind pünktlich”.

Selbst erfüllende Prophezeiungen

Wir können auch selbst dazu beitragen, dass unsere Vorhersagen über eine Person wahr werden, indem wir selbsterfüllende Prophezeiungen schaffen. Wenn wir mit der Annahme in ein Gespräch gehen, dass unser Gegenüber unnahbar und unfreundlich ist, werden wir uns entsprechend verhalten. Unsere ablehnende Haltung wird oft unbewusst wahrgenommen und beeinflusst das Verhalten der anderen Person – sie wird also unfreundlich reagieren.

Vorurteile sind tief verwurzelt in uns und beeinflussen unser Verhalten auf vielfältige Weise. Es ist wichtig, sich dieser Stereotypen bewusst zu sein und aktiv daran zu arbeiten, sie zu überwinden. Nur so können wir eine gerechtere und tolerantere Gesellschaft schaffen.

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