Warum wir in Beziehungen zu Monstern werden

Warum wir in Beziehungen zu Monstern werden

In einer Liebesbeziehung wollen wir uns normalerweise gut um unseren Partner oder unsere Partnerin kümmern. Immerhin haben wir uns aus freien Stücken für diese Person entschieden. Wir sollten in der Beziehung sanft und einfühlsam sein, viel netter als zu unseren Freunden. Der Partner ist schließlich derjenige, dem unsere Liebe gehört.

Die Realität sieht jedoch oft anders aus. In einer Beziehung werden die meisten von uns zu Monstern und behandeln ihren Partner schlechter als flüchtige Bekannte. Warum ist das so?

Eine Beziehung ist ein komplexes Unterfangen. Es geht um nichts Geringeres als unser ganzes Leben. Freunde sind nur ab und zu für einen Abend bei uns, daher ist das Konfliktpotenzial meist gering. Doch der Partner – wenn alles gut läuft – ist Teil eines der größten und kompliziertesten Vorhaben, das wir je in Angriff nehmen werden. Wir bitten sie, unser Geliebter, bester Freund, Vertrauter, Betreuer, Finanzberater, Chauffeur, Erziehungs- und Sexualpartner zu sein. Gemeinsam möchten wir einen Haushalt gründen, Kinder großziehen, Geld verwalten, Eltern pflegen, Karriere planen, Urlaub machen und unsere Sexualität erkunden. Die Jobbeschreibung ist so umfangreich und anspruchsvoll, dass niemand sie freiwillig annehmen würde.

Eine auf Dauer angelegte Beziehung kann man nicht einfach beenden oder weglaufen, wenn es schwierig wird. Frustrationsmomente sind erträglicher, wenn wir wissen, dass wir ihnen ausweichen können, ohne schwerwiegende Konsequenzen befürchten zu müssen. In einer Langzeitbeziehung müssen wir uns möglicherweise jahrzehntelang mit einem Reizthema auseinandersetzen. Ein Problem, das uns normalerweise nicht zur Weißglut bringen würde, kann große Angst auslösen, wenn wir glauben, dass es nun für immer zu unserem Leben gehört. In diesem Fall steigern wir uns immer weiter in einen Streit hinein, da wir denken, dass der andere nicht nur etwas Problematisches tut, sondern unser ganzes restliches Leben ruiniert.

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Im Umgang mit unseren Freunden werden wir nicht zu Monstern, weil sie uns nicht so sehr schaden können. Wir verbringen oft nur wenige Stunden im Monat mit ihnen und können immer nett sein, weil uns nicht so viel an ihnen liegt. Um eine Person anzuschreien, die Türen knallend zu verlassen oder sie als dumm zu bezeichnen, muss sie uns sehr wichtig sein.

Unsere Wut und unser unkontrolliertes Verhalten in Beziehungen resultieren oft daraus, dass wir nicht klar und ruhig kommunizieren, was uns nicht passt. Stattdessen verlieren wir die Fassung, schreien herum, schmollen und grummeln. Idealerweise sollten wir unserem Partner von unseren Gefühlen berichten und ausführlich erklären, warum wir etwas so oder so sehen. Dies erfordert jedoch eine nüchterne Sachlichkeit, die wir oft nicht aufbringen können, wenn wir in Panik geraten, weil wir glauben, dass der Partner unser Leben zerstört hat. Unsere Beziehungsprobleme beunruhigen uns irgendwann so sehr, dass wir nicht mehr wissen, wie wir sie lösen können.

Wir werden auch zu Monstern, weil wir glauben, dass wir Menschen sind, mit denen es im Großen und Ganzen recht einfach zusammenleben kann. Dadurch bereiten wir unseren Partnern nicht ausreichend auf die Konflikte mit uns vor und entschuldigen uns nicht genug für die Verletzungen, die wir ihnen zufügen. Wir halten uns für normal, da wir als Alleinstehende schwer erkennen können, wo unsere Schwachpunkte liegen. Wir schätzen unser Aggressionspotenzial falsch ein, da wir als Singles nicht schreien, wenn wir wütend sind – niemand hört schließlich zu. Oder wir arbeiten ständig, um uns vorzutäuschen, dass wir Kontrolle über unser Leben haben, weil uns niemand anruft und zum Essen einlädt. Uns ist nicht bewusst, dass wir in diesem selbstablenkenden Verhalten gefangen sind.

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Erst in Langzeitbeziehungen kommen unsere problematischen Seiten mit den Bedürfnissen und Erwartungen des anderen in Berührung – und kollidieren damit. Natürlich betrachten wir unseren Partner dann als besonders schwierig. Wir halten uns selbst für vernünftig und psychisch stabil und glauben, dass wir gut zusammenleben könnten, wenn wir nur den richtigen Partner finden würden.

Erschreckenderweise behandeln wir den Partner auch deshalb schlecht, weil wir uns sicher fühlen. Wären wir unseren Freunden gegenüber genauso unkontrolliert, würden sie schnell das Weite suchen. Beim Partner sind wir jedoch insgeheim zuversichtlich, dass er uns trotz unserer ständigen Reizbarkeit nicht verlassen wird. Seine Loyalität macht ihn zum dankbaren Ziel unserer Not und Verzweiflung. Die Liebe gibt uns das Privileg, dem anderen zeigen zu können, wer wir wirklich sind – ein Privileg, das wir klugerweise nicht überstrapazieren sollten.

Um unsere Selbstgerechtigkeit und unseren Ärger abzulegen, müssen wir akzeptieren, dass nicht der Partner außergewöhnlich kompliziert ist, sondern die Aufgabe, die wir gemeinsam bewältigen. Wir sollten uns weniger auf unseren eigenen Charakter einbilden und erkennen, dass das Leben mit uns sehr schwer sein kann. Unsere Freunde haben es oft nicht gesagt und unsere Eltern waren blind für unsere Fehler, aber das bedeutet nicht, dass wir perfekt sind. Jeder, der uns aus der Nähe erlebt, wird unweigerlich Anstoß an uns nehmen.

Glücklicherweise muss niemand in der Liebe perfekt sein. Es ist nur wichtig, dass wir unsere Unzulänglichkeiten frühzeitig und ohne Selbstgefälligkeit kommunizieren, bevor wir den Partner mit unseren Macken zu sehr verletzen. Niemand ist fehlerfrei. Die meiste Zeit benehmen wir uns dumm und nicht besonders nett. Schlechtes Benehmen ist kein Verbrechen, sondern zeigt, dass wir alle nur Menschen sind.

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