Was bedeutet “gekauft wie gesehen” beim Kaufvertrag?

Was bedeutet “gekauft wie gesehen” beim Kaufvertrag?

Beim Kauf von Gebrauchtgegenständen, wie zum Beispiel Gebrauchtwagen, stoßen Kunden immer wieder auf die Vereinbarung “gekauft, wie gesehen”. Allerdings kann diese Formulierung missverstanden werden und es kommt häufig zu Streitigkeiten darüber, was sie genau bedeutet. Oftmals enden diese Auseinandersetzungen sogar vor Gericht. Daher ist es wichtig, sich vor dem Kauf genau über den Inhalt und die rechtliche Bedeutung einer solchen Klausel zu informieren.

Die Klausel “gekauft wie gesehen” im Kaufvertrag

Nicht nur beim Kauf von gebrauchten Fahrzeugen wie Autos oder Motorrädern, sondern auch bei anderen Gebrauchtgegenständen findet man häufig die Formulierung “gekauft wie gesehen”. Manchmal steht diese bereits in der Anzeige oder auf dem Aushängeschild, aber meistens findet man sie auch im Kaufvertrag.

Ein Beispiel: Max Mustermann kauft ein gebrauchtes Motorrad. Er hat die Möglichkeit, sich das Motorrad genau anzusehen und findet anschließend im Kaufvertrag die Formulierung “gekauft wie gesehen”. Er fragt sich, ob er bei vorhandenen Mängeln nach Vertragsabschluss Gewährleistungsansprüche geltend machen kann.

Viele Menschen interpretieren diese Formulierung als einen vollständigen Ausschluss aller Gewährleistungsrechte. Das ist allerdings grundsätzlich nicht richtig. Beim Ausschluss von Gewährleistungsrechten gibt es mehrere Details zu beachten. Kunden haben generell sowohl bei privaten als auch bei gewerblichen Kaufverträgen bestimmte Rechte. Diese lassen sich nicht einfach mit einer einfachen Formulierung gänzlich ausschließen.

Unternehmer und Privatpersonen

Ein Ausschluss von Gewährleistungsrechten ist grundsätzlich möglich, allerdings niemals zwischen Händlern und Privatpersonen. Der Gewährleistungsausschluss ist in § 444 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. § 475 BGB besagt, dass Händler Privatkunden die Gewährleistungsrechte nicht entziehen können. Ein solcher Ausschluss ist daher nur bei Käufen zwischen zwei Privatpersonen oder zwischen zwei Unternehmern möglich. Auch mündliche Kaufverträge inklusive Gewährleistungsausschluss sind möglich. Die Beweislast liegt in den ersten sechs Monaten beim Verkäufer und kehrt sich danach um.

Fachanwalt.de-Tipp: Der genaue Wortlaut spielt bei Formulierungen dieser Art keine große Rolle. Auch Aussagen wie “gekauft wie besichtigt” oder gar “gekauft wie probe-gefahren” sind gleich zu behandeln.

Heißt “gekauft wie gesehen” ohne Garantie und Gewährleistung?

Die Formulierung “gekauft wie gesehen” kann die Gewährleistungsrechte eines Kunden nicht vollständig ausschließen. Allerdings kann mit einer solchen Formulierung die Gewährleistung für offensichtliche Mängel ausgeschlossen werden. Das bedeutet, der Verkäufer haftet nicht mehr für Mängel, die ein durchschnittlicher Käufer bei ordnungsgemäßer Untersuchung ohne Sachverständigen hätte erkennen können. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Käufer die Sache tatsächlich untersucht hat oder nicht.

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Offensichtliche vs. verdeckte Mängel

Es ist wichtig, zwischen offensichtlichen und verdeckten Mängeln zu unterscheiden. Während offensichtliche Mängel für den Kunden erkennbar sein könnten, trifft das bei verdeckten Mängeln nicht zu. Sogenannte verdeckte Mängel (auch versteckte Mängel genannt) sind von der Vereinbarung “gekauft wie gesehen” nicht erfasst.

Ein verdeckter Mangel liegt vor, wenn ein durchschnittlicher Käufer den Mangel auch bei eigener Untersuchung ohne Hilfe eines Sachverständigen nicht hätte bemerken können. Auch in diesem Fall spielt es keine Rolle, ob der Käufer die Sache tatsächlich untersucht hat oder nicht. Liegt ein verdeckter Mangel vor, kann sich der Käufer trotz der Formulierung “gekauft wie gesehen” auf seine Gewährleistungsrechte berufen. Das liegt daran, dass von einem durchschnittlichen Käufer nicht erwartet werden darf, dass er das notwendige Expertenwissen besitzt, um jeden erdenklichen Mangel zu identifizieren.

Ein Beispiel: Max Mustermann kauft ein Boot unter der Vereinbarung “gekauft wie gesehen”. Max schaut sich das Boot nicht an und erkennt daher auch nicht, dass es einige Kratzer und Beulen hat. Erst nachdem er den Kaufvertrag unterzeichnet hat, bemerkt er die Mängel. Hätte Max das Boot vor Vertragsabschluss angesehen, hätte er die Kratzer und Beulen jedoch erkennen können. Es handelt sich dabei um offensichtliche Mängel.

Ein weiteres Beispiel: Max Mustermann kauft ein Auto unter der Vereinbarung “gekauft wie gesehen”. Er schaut sich das Auto oberflächlich an, erkennt aber nicht, dass es sich entgegen der Vereinbarung um ein Unfallauto handelt. Erst nach dem Kauf lässt Max das Auto von einem Experten untersuchen, der das verdeckte Unfallfahrzeug erkennt. Der Experte weist Max darauf hin, dass ein durchschnittlicher Kunde den Mangel ohne Hilfe nicht hätte erkennen können, auch wenn er das Auto ausgiebig untersucht hätte. Hierbei handelt es sich um einen verdeckten Mangel. Entsprechend hat Max das Recht, von seinen Gewährleistungsrechten Gebrauch zu machen.

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Weitere Beispiele für offensichtliche Mängel sind Schrammen an Blech oder Stoßstange, sichtbare Beulen, Sprünge an Fenstern oder der Windschutzscheibe und defekte Klimaanlage oder Lichter. Beispiele für verdeckte Mängel sind zu hoher Ölverbrauch oder ein falscher Kilometerstand auf dem Tacho.

Das Oberlandesgericht Oldenburg entschied in einem Urteil über die Gewährleistungsrechte einer Käuferin, die ein Gebrauchtwagen erworben hatte. Das Auto hatte keine offensichtlichen Mängel, allerdings einen erheblichen Vorschaden, den die Käuferin als Laie nicht erkennen konnte. Das Gericht entschied, dass die Gewährleistungsrechte bestehen bleiben (Urteil vom 06.10.2017, 9 U 29/17).

Ab dem Jahr 2022 gelten strengere Regeln im Gewährleistungsrecht. Durch eine EU-Richtlinie sollen Käufer noch besser geschützt werden. Besonders deutliche Sachmängel, wie zum Beispiel das Fehlen eines Lenkrads in einem Gebrauchtwagen, können nun nicht mehr durch Vereinbarung ausgeschlossen werden. Außerdem besteht eine umfangreichere vorvertragliche Informationspflicht gegenüber dem Käufer. Die Formulierung “gekauft wie gesehen” kann daher in vielen Fällen nicht mehr ohne Weiteres angewendet werden. Ein Anwalt kann in solchen Fällen umfassend darüber informieren, inwieweit Gewährleistungsausschlüsse überhaupt noch wirksam sind.

Gewährleistungsrechte des Käufers im Gesetz

Die Gewährleistungsrechte des Käufers sind in den §§ 437 ff BGB verankert. Um Gewährleistungsrechte geltend zu machen, müssen zwei Hauptvoraussetzungen erfüllt sein:

• Es muss tatsächlich ein versteckter Mangel vorliegen.
• Im Kaufvertrag darf kein genereller Gewährleistungsausschluss enthalten sein.

Fachanwalt.de-Tipp: Ein vereinbarter Gewährleistungsausschluss muss nicht wirksam sein. Überraschende Klauseln in den AGB sind grundsätzlich nicht wirksam. Im Zweifelsfall sollte ein Rechtsexperte konsultiert werden, um die Situation zu klären.

Grundsätzlich hat der Käufer bei Gewährleistungsrechten die freie Wahl zwischen Neulieferung oder Reparatur der Sache, sofern dies möglich ist. Bei Gebrauchtwagen kann die Ersatzlieferung jedoch problematisch sein. Sie kommt in der Regel nur dann in Betracht, wenn das Auto nicht zu alt ist und es von einem Händler erworben wurde. Wenn der Verkäufer trotz Gewährleistungsansprüchen nicht kooperiert, hat der Käufer die Möglichkeit, vom Kaufvertrag zurückzutreten.

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In welchen Fällen sollten Sie einen Anwalt kontaktieren?

Kaufverträge, die eine Formulierung wie “gekauft, wie gesehen” enthalten, führen oft zu Streitigkeiten zwischen Käufer und Verkäufer. Wenn es zu Unstimmigkeiten über das Vorliegen eines verdeckten Mangels oder den Ausschluss von Gewährleistungsrechten kommt, empfiehlt es sich, einen Rechtsexperten zu Rate zu ziehen. Ein Anwalt, der mit dem Gewährleistungsrecht vertraut ist, kann Auskunft darüber geben, ob es sich im jeweiligen Fall um einen verdeckten Mangel handelt und welche Rechte und Pflichten auf beiden Seiten bestehen.

Wenn sich beide Parteien im Voraus über ihre genauen Rechte und Pflichten im Klaren sind, lassen sich oft schwerwiegendere Auseinandersetzungen vermeiden. In vielen Fällen kann das Hinzuziehen eines Anwalts sogar gerichtliche Prozesse verhindern. Sollte es dennoch zu einem Prozess kommen, vertritt der Anwalt die Interessen seines Mandanten auch vor Gericht.