In der Regel verlassen wir nach dem Tierarztbesuch alle zufrieden die Praxis: Unser Vierbeiner wurde versorgt und der Tierarzt bekommt sein Geld. Aber was passiert, wenn bei der Behandlung etwas schiefgeht? Müssen wir auch die Rechnung bezahlen, wenn eine Operation nicht das gewünschte Ergebnis bringt?
Ja, sagt Tierrechtsanwalt Andreas Ackenheil. Denn: “Grundlage ist der zivilrechtliche Vertrag, den Tierhalter und Tierarzt abschließen und der die rechtliche Basis für die Behandlung darstellt”, erklärt Ackenheil. In der Regel handelt es sich dabei um sogenannte Dienstverträge.
Tierarzt muss über Risiken aufklären
Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die Tierärzte auf ihren Behandlungskosten sitzen bleiben. Nachdem ihr Hund 2018 bei einer Operation gestorben war, weigerte sich eine Frau aus Niedersachsen, die Operationskosten zu zahlen. Im April 2021 gab ihr ein Gericht recht. Ihr Tierarzt konnte nämlich nicht nachweisen, dass er die Frau ausreichend über die OP-Risiken aufgeklärt hatte.
“Den Tierarzt treffen aus dem Vertragsverhältnis auch Aufklärungspflichten, was bedeutet, dass er den Patientenbesitzer über die Art der Behandlung, über mögliche Risiken und über die Erfolgsaussichten aufklären muss. Kommt er diesen Pflichten nicht nach, macht er sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig”, erklärt Ackenheil.
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Über sämtliche Behandlungsrisiken muss ein Tierarzt jedoch nicht aufklären, so der Fachanwalt: “Die Grundsätze über die umfassende ärztliche Aufklärungspflicht in der Humanmedizin sind in der Veterinärmedizin nicht anwendbar, entschied bereits der Bundesgerichtshof im Jahre 1979.”
Wann liegt ein Behandlungsfehler vor?
Trotzdem haften Tierärzte natürlich für mögliche Behandlungsfehler. “Ob reiner Gesundheitscheck oder Vorsorgebehandlung, Ankaufsuntersuchung oder akute Notbehandlung – der Tierarzt schuldet eine fachgerechte Behandlung des Tieres und haftet im Zweifelsfall für aufgetretene Behandlungs-, Diagnose- sowie Aufklärungsfehler, sofern durch diese ein Schaden resultiert”, sagt Ackenheil.
Wenn ein Tier während oder nach einer Behandlung stirbt, muss das jedoch kein Behandlungsfehler sein. “Stirbt das Tier an den Folgen der Verletzung, so kann dies schicksalhaft sein. Ein Tierarzt kann auch bei der besten Leistung nicht dafür garantieren, dass das Tier überlebt”, erklärt Ackenheil. “Für solche Fälle kann der Tierarzt dann auch nicht in die Haftung genommen werden.”
Wenn sich jedoch nachweisen lässt, dass das Tier durch einen Fehler des Tierarzts verstorben ist, haftet dieser für den Schaden. “Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn die Behandlung nicht nach den Regeln der tierärztlichen Kunst durchgeführt wurde”, erklärt der Anwalt. “War die Behandlung nicht medizinisch indiziert, sind vermeidbare Komplikationen aufgetreten, die bei ordnungsgemäßer Durchführung der Behandlung nicht entstanden wären oder wurde schlichtweg eine falsche Diagnose erstellt, handelt es sich um solche Behandlungsfehler.”
Wie kann man einen Behandlungsfehler nachweisen?
Aber wie kann man beweisen, wenn man vermutet, dass das eigene Tier wegen eines sogenannten Kunstfehlers gestorben ist? Katharina Klube, Pressesprecherin der Bundestierärztekammer, rät dazu, einen externen Gutachter hinzuzuziehen. Auch Anwalt Ackenheil empfiehlt, sich an einen Experten zu wenden.
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Es gibt jedoch auch andere Möglichkeiten, einen Behandlungsfehler nachzuweisen. “Auch ein Zeugenbeweis ist möglich, wenn beispielsweise ein Zeuge bei der fehlerhaften Behandlung anwesend war und diese bezeugen kann”, sagt er. “Es ist auch möglich, eine schriftliche oder mündliche Zweitbewertung durch den Tierarzt des Vertrauens erstellen zu lassen, die dann vor Gericht gehört und von diesem auch verwertet werden muss.”
Allerdings: “Oftmals ist der Beweis des Behandlungsfehlers sehr schwierig und entscheidet über den Erfolg oder Misserfolg der Klage.”
Übrigens: Mit einer OP-Versicherung bist du immer gegen hohe Tierarztrechnungen abgesichert. “Besteht eine OP- oder Krankenversicherung, übernimmt selbstverständlich der Versicherungsschutz bedingungsgemäß die Kosten für die OP”, sagt Ann-Kathrin Rohmann, Pressesprecherin der Uelzener Versicherung. “Ob das Tier verstirbt, ändert nichts daran.”