Zuletzt liest und hört man in der Welt der Unternehmensbewertung vor allem im Zusammenhang mit der Bewertung von Startups immer wieder von der sog. Venture Capital Bewertung. Was es damit auf sich hat und ob diese Methode sich für die Bewertung Ihres Unternehmens eignet, beleuchten wir für Sie in diesem Blogbeitrag.
Grundsätze der Unternehmensbewertung
Es gibt diverse verschiedene Methoden, Unternehmen zu bewerten. Je nach Ansatz und Methode kann der Wert des Unternehmens stark variieren, weshalb der Wahl der richtigen Bewertungsmethode bei der Unternehmensbewertung bereits eine entscheidende Bedeutung zukommt. Die klassischen Bewertungsmethoden sind:
- Klassisches Ertragswertverfahren IDW S1
- Discounted Cashflow (DCF-Verfahren)
- Vereinfachtes Ertragswertverfahren
- EBIT- und Umsatz-Multiples-Verfahren
- Substanzwertverfahren
- Stuttgarter Verfahren
Nähere Informationen zu den verschiedenen Verfahren finden Sie auf unserer Seite zur Unternehmensbewertung: Unternehmens- und Anteilsbewertung
Problem: Bewertung von Startups
Einen Sonderfall in der Unternehmensbewertung stellt dabei die Bewertung von Startups dar. Da sie, vor allem zu Beginn der Unternehmung, noch keinen Umsatz machen, kommt es bei Startups in besonderem Umfang auf Prognosen und Schätzungen an. Oftmals erzielen Anteile eines Startups bei Investoren deshalb, oder trotzdem, einen ungemein hohen Wert – ohne, dass sich dieser in den gegenwärtigen Zahlen des Unternehmens unmittelbar widerspiegelt.
In der Praxis spielen bei der Bewertung von Startups grundsätzlich das Dicounted-Cashflow Verfahren, die Multiplikatoren-Bewertung und das IDW S1-Verfahren eine besondere Rolle. Zuletzt kommt aber immer wieder auch das bereits erwähnte Venture Capital Verfahren ins Spiel.
Die Venture Capital Methode
Die Venture Capital-Methode (VC-Methode) wurde von Prof. Bill Sahlman an der Harvard Business School erstmals 1987 beschrieben. Es ist ein Bewertungsverfahren zur Ermittlung eines Unternehmenswertes eines Startup-Ventures vor dem Einstieg vor Investoren. Basis ist das Liquiditätsergebnis beim geplanten Exit aus Sicht des Kapitalgebers.
Dabei wird der Unternehmenswert zurückgerechnet aus dem geplanten Exit-Erlös beim Verkauf oder Börsengang und der vom Kapitalgeber erwarteten Rendite zwischen dem Einstieg und der Veräußerung. In Abhängig von der Risikoeinschätzung, liegt die erwartete Rendite in der Regel zwischen 25% und 100%.
Das Verfahren bei der Venture Capital Unternehmensbewertung
Wie beschrieben, wird zuerst der zu erwartende Exit-Erlös ermittelt. Dabei ist auf Basis eines Businessplans und der zu ermittelnden Kennzahlen wie Umsatz, EBIT, EBITDA usw. die Grundlage für die Verwendung des sog. Multiplikatoren-Verfahrens. Die gewählte Kennzahl (bspw. EBIT) wird zum erwarteten Zeitpunkt der Veräußerung (bspw. in 6 bis 8 Jahren) mit einem für das zu bewertende Unternehmen üblichen Branchen- und Transaktionsmultiplikator multipliziert und damit der zu erwartende Exit-Erlös ermittelt.
Darauf aufbauend wird der zukünftige Wert des Investments des Investors auf Basis seiner erwarteten Rendite mittels einer Zinseszinsrechnung ermittelt. Die Höhe der Beteiligung des Investors ergibt sich aus dem zukünftigen Wert des Investments dividiert durch den ermittelten, zukünftigen Unternehmenswert.
Vor- und Nachteile der Venture Capital Methode
Aus der Berechnungssystematik wird ersichtlich, dass die eigentliche Ermittlung des Unternehmenswertes anhand der Multiplikatorenmethode sehr pauschal und vereinfachend ist sowie die jeweiligen unternehmensindividuellen Besonderheiten des Bewertungsobjekts nicht berücksichtigt. Im Einzelfall kann die Bewertung daher den Wert des Unternehmens unrichtig wiedergeben.
Gleichwohl erfreut sich in der Praxis diese Methode einer zunehmenden Beliebtheit aufgrund der einfachen Anwendung und der damit oft verbundenen Kostenersparnis.
Des Weiteren ist bei der Venture Capital-Methode zu berücksichtigen, dass es sich um die Ermittlung des Unternehmenswertes vor und nach dem Einstieg des Investors handelt, deren Berücksichtigung finanzmathematisch erfolgt. Bewertungstheoretisch ist eine konkrete, am Einzelfall orientierte Unternehmensbewertung nach den Regelungen des IDW S 1 eindeutig vorzuziehen, da hier sowohl objektivierte Werte als auch subjektive Unternehmenswerte ermittelt werden sowie auch Finanzierungsstrukturen bzw. Renditeforderungen von Kapitalgebern Berücksichtigung finden. Wer Risiken und eine falsche Bewertung vermeiden will, sollte daher bei der Anwendung der Venture Capital Methode vorsichtig sein.