Wie der Staat wirklich mit Geld umgeht: Eine Lektion in Wirtschaft

Kolumne Vom Überleben in der Krise :  Staat ist keine schwäbische Hausfrau

In Deutschland gilt “Sparen” als gesellschaftlich positiv besetzt. Doch anderswo auf der Welt sieht man das nicht unbedingt so. Besonders in Südeuropa werden andere Begriffe verwendet. Diese unterschiedlichen Ansichten zeichnen sich auch in der aktuellen Krise ab.

Der traurige Teufelskreis

Millionen Südeuropäer protestierten diese Woche gegen den Sparkurs ihrer Regierungen. Doch in Deutschland wurden diese Proteste eher mit Kopfschütteln betrachtet. Hier lautet die simple Logik: Wer nicht spart, bleibt verschuldet. Doch diese Logik greift zu kurz. Denn in einer Wirtschaftskrise können die Ausgabenkürzungen des Staates verheerende Folgen haben und langfristig den Staatshaushalt sogar ruinieren.

Sparen ist nicht gleich Sparen

Im Gegensatz zur positiven Bedeutung des Sparens für den individuellen Haushalt lässt sich diese Vorstellung nicht einfach auf die Gesamtwirtschaft übertragen. Wenn ein Haushalt Geld spart, legt er es in der Regel auf der Bank an. Diese kann ihm jedoch nur deshalb Zinsen gutschreiben, weil andere Haushalte, Firmen oder eben der Staat sich verschulden. Wenn niemand Schulden macht, kann auch niemand sparen.

Der Staat als Retter in der Not

In einer Wirtschaftskrise geben die privaten Haushalte in der Regel weniger Geld aus. Die Nachfrage bricht ein und auch die Investitionen der Unternehmen gehen zurück. Anstatt neue Arbeitsplätze zu schaffen, werden sogar bestehende Stellen gestrichen. Wenn sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen weniger ausgeben können oder wollen, entsteht ein Teufelskreis aus rückläufiger Nachfrage und steigender Arbeitslosigkeit. An dieser Stelle muss der Staat einspringen – oft mit Geld, das er nicht hat: Schulden. Wenn der Staat in der Krise weniger Geld ausgibt, verstärkt er den Teufelskreis anstatt ihn zu stoppen.

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Weniger Einnahmen, mehr Ausgaben

Steigende Arbeitslosigkeit, geringere Nachfrage und Verluste der Unternehmen führen dazu, dass der Staat auch weniger Steuern einnimmt. Gleichzeitig steigen jedoch die Ausgaben, wie beispielsweise für die Sozialsysteme. Wenn ein Staat in einer Krise seine Ausgaben kürzt, steht ihm im folgenden Jahr nicht mehr, sondern weniger Geld zur Verfügung. Hierbei unterscheidet sich der Staat fundamental von der schwäbischen Hausfrau.

Der Teufelskreis in Südeuropa

In Südeuropa befinden wir uns aktuell mitten in einem Teufelskreis aus rückläufiger Nachfrage und steigender Arbeitslosigkeit. Diese Situation ist vor allem eine Folge der Sparpolitik der letzten Jahre. Solange die südeuropäischen Länder an dieser Politik festhalten, ist kein Ende der Krise in Sicht.

Es ist erstaunlich, dass dieser einfache Zusammenhang in Deutschland oft nicht verstanden wird. Anstatt zu verstehen, dass die Etatziele der südeuropäischen Länder nicht trotz, sondern wegen des Sparens verfehlt werden, wundert man sich hierzulande über die “größten Sparanstrengungen”. Es ist an der Zeit, sich von dem Begriff “Sparpolitik” zu verabschieden und den Blick auf die Realität zu richten.

Enthaltsamkeit statt Sparpolitik

Vielleicht sollten wir den Begriff “Sparpolitik” durch “Austerität” ersetzen. Dieser Begriff wird in der englischsprachigen Fachliteratur verwendet und steht für strenge Enthaltsamkeit. Die Franzosen sprechen sogar von einer “Politique de rigueur” – einer Politik der Härte und Unerbittlichkeit. Anstatt gegen die “Sparpolitik” zu protestieren, sollten die Menschen in Südeuropa also gegen eine “Politik der Härte” auf die Straße gehen.

Und wenn wir schon nicht auf das Wort “Sparen” verzichten wollen, dann sollten wir es in diesem Zusammenhang wohl eher mit “Totsparen” in Verbindung bringen. Es wird höchste Zeit, dass wir umdenken und die Realität der Wirtschaft akzeptieren.

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