Wie Deutschland bis 2050 klimaneutral werden kann – Hauptstudie veröffentlicht

Wie Deutschland bis 2050 klimaneutral werden kann – Hauptstudie veröffentlicht

Deutschland hat die Möglichkeit, sich innerhalb von 30 Jahren in eine klimaneutrale Nation umzuwandeln und gleichzeitig Wohlstand und Wirtschaftskraft weiter zu steigern. Dafür ist ein umfassendes Investitionsprogramm notwendig, das den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreibt, die Elektrifizierung von Verkehr, Wärme und Industrie vorantreibt, die energetische Sanierung von Gebäuden beinhaltet und den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur vorantreibt.

Ein schrittweiser Ansatz

Die wichtigsten Ergebnisse einer umfassenden Studie, die im Auftrag von Agora Energiewende, Agora Verkehrswende und der Stiftung Klimaneutralität erstellt wurde, zeigen, dass Deutschland in einem ersten Schritt bis 2030 die Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 reduzieren könnte. In einem zweiten Schritt könnte dann eine vollständige Umstellung auf klimaneutrale Technologien erfolgen, was zu einer Reduzierung der Emissionen um 95 Prozent führen würde. Unvermeidbare Restemissionen könnten schließlich durch CO2-Abscheidung und -Lagerung ausgeglichen werden.

Beitrag zum EU-Klimaziel

Durch eine Erhöhung des Klimaziels für 2030 um zehn Prozentpunkte auf -65 Prozent Treibhausgasemissionen könnte Deutschland auch seinen Beitrag zu einem erhöhten EU-Klimaziel für 2030 leisten. Dieses wird derzeit als Teil des European Green Deal zwischen dem Europäischen Parlament und den EU-Mitgliedstaaten verhandelt und voraussichtlich Ende des Jahres von bisher -40 Prozent auf -55 bis -60 Prozent angehoben.

Erforderlicher Ausbau erneuerbarer Energien

Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, ist eine deutliche Beschleunigung des Ausbaus von Wind- und Solarstromanlagen erforderlich. Derzeit ist eine Verdreifachung der installierten Photovoltaikleistung auf 150 Gigawatt bis 2030 nötig. Bei Windkraft an Land sollte sie von derzeit 54 auf 80 Gigawatt erhöht werden. Im Bereich der Offshore-Windkraft muss die installierte Leistung von knapp 8 auf 25 Gigawatt im Jahr 2030 ausgebaut werden. Gleichzeitig soll der Ausstieg aus der Kohleverstromung beschleunigt und bis 2030 abgeschlossen werden. Die Energiewirtschaft wird in diesem Szenario zur Hauptsäule des Klimaschutzes in den nächsten zehn Jahren.

LESEN  Warum prokrastinieren wir und was können wir dagegen tun? Tipps vom Aufschiebekönig

Verkehrswende und Elektrifizierung

Im Verkehrssektor wird der Ausstieg aus dem Öl eingeleitet. Batteriebetriebene Elektrofahrzeuge werden sich durchsetzen und Verbrennungsmotoren bis spätestens 2035 europaweit verdrängen. Bis 2030 werden schätzungsweise rund 14 Millionen Elektro-Pkw auf den Straßen unterwegs sein. Auch im Güterverkehr wird eine schnelle Elektrifizierung angestrebt, wobei etwa ein Drittel der Lkw-Fahrleistung bis 2030 mit Strombetrieb erfolgen soll. Eine zunehmende Bedeutung wird auch der Nutzung von Bus, Bahn, Fuß und Fahrrad im Verkehrssektor zugemessen.

Umstellung der Industrie

Für die Industrie ist neben der direkten Versorgung mit Strom aus erneuerbaren Energien der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur entscheidend. Der Einsatz von Wasserstoff in der Stahlindustrie könnte den CO2-Ausstoß drastisch senken. Bis 2050 wird Wasserstoff auch Erdgas als Rohstoff ersetzen. Ein Großteil des benötigten Wasserstoffs wird voraussichtlich im Ausland produziert werden. Die Studie zeigt jedoch auch, dass nicht alle CO2-Emissionen in der Industrie vermieden werden können. In Kombination mit der Nutzung von Biomasse ist der Einstieg in die CCS-Technologie um 2030 unvermeidbar, um Restemissionen auszugleichen.

Energieeffizienz in Gebäuden

Eine wichtige Rolle spielt auch die Steigerung der Energieeffizienz, insbesondere im Gebäudesektor. Trotz des massiven Ausbaus erneuerbarer Energien werden Strom und Wasserstoff nicht im Überfluss zur Verfügung stehen. Daher ist eine vollständige energetische Sanierung des Gebäudebestands bis 2050 geplant, kombiniert mit der effizientesten Nutzung von Strom zur Beheizung. Wärmepumpen werden dabei eine wichtige Rolle spielen.

Landwirtschaft und Methanemissionen

In der Landwirtschaft geht es bis 2030 vor allem darum, Methanemissionen aus Gülle zu verringern. Auch die Verringerung des Bedarfs an Stickstoffdünger und eine Reduzierung der Tierbestände können zu einer Verringerung der Methanemissionen beitragen. Nicht vermeidbare Emissionen in der Landwirtschaft sollen durch die Nutzung von Bioenergie und CCS neutralisiert werden.

LESEN  MPU-Blog: Warum der Abstinenznachweis beim Hausarzt nicht möglich ist

Die Studie “Klimaneutrales Deutschland” wurde von der Prognos AG, dem Öko-Institut und dem Wuppertal Institut im Auftrag von Agora Energiewende, Agora Verkehrswende und der Stiftung Klimaneutralität erstellt. Die vollständigen Ergebnisse und Szenarioannahmen können kostenlos heruntergeladen werden.