Beim Verrichten eines Pflichtgebets zu seiner Zeit spricht man von “Adā”, beim Nachholen im Falle des Verpassens spricht man von “Qaḍāʾ” und beim Wiederholen eines ungültig gewordenen Gebets spricht man von “Iʿadā”.
Das Nachholen eines Pflichtgebets (Qaḍāʾ) kommt dann in Frage, wenn das Gebet bewusst oder versehentlich nicht verrichtet wurde. Ein Pflichtgebet absichtlich nicht zu verrichten ist eine große Sünde und sollte vermieden werden. Im Falle eines solchen Fehlers sollte dieses Gebet schnellstmöglich nachgebetet werden, sodass man sich von dieser Last befreit. Denn man kann nicht wissen, wann der Tod einen erreicht. So sollte man nicht unvorbereitet sein und es riskieren, dass man mit derartigen Vorbelastungen ins Jenseits geht. Auch wenn durch das Nachholen eines derartig verpassten Pflichtgebets man die Pflicht an sich nachträglich erfüllt, ist aufgrund der Unterlassung zur eigentlichen Zeit eine Reue (Tauba) und Bitte um Vergebung (Istiġfār) für diese große Sünde nötig. Daher ist sowohl das Nachholen (Qaḍāʾ) als auch die Tauba erforderlich.
Auch Pflichtgebete, die aufgrund des Vergessens, des Verschlafens oder einer anderen gestatteten Ausnahme verpasst wurden, sollten im Nachhinein schnellstmöglich nachgeholt werden.
Gewisse Situationen wie etwa die Menstruationsphase und der Wochenfluss bei Frauen oder anhaltende psychische Störungen, die das Bewusstsein behindern, bilden Ausnahmen, in denen nicht gebetet wird und bei denen auch ein späteres Nachholen nicht erforderlich ist. Das Beten für Frauen während ihrer Menstruation oder Wochenflussphase ist ohnehin eine untersagte Handlung. Das Nachholen von Pflichtgebeten, welche nicht zu ihrer eigentlichen Zeit verrichtet wurden, wird als Pflicht (Fard) angesehen. Das Nachholen des Witr-Gebets ist Wāǧib und das Nachholen des Sunna-Gebets ist Sunna. Dies gilt nur für das Sunna-Gebet des Morgengebetes (Ṣalāt al-Faǧr). Bei einem verpassten Morgengebet kann innerhalb desselben Tages vor dem Eintritt der Mittagszeit das Sunna-Gebet des Morgengebetes zusammen mit dem Pflicht-Teil nachgeholt werden; wenn die Mittagszeit jedoch vorüber ist, holt man nur den Pflicht-Teil nach, nicht aber den Sunna-Teil.
Manche Sunna-Gebete der zeitgebundenen Pflichtgebete können auch im Nachhinein nachgeholt werden. Wenn man beispielsweise das Sunna-Gebet des Mittagsgebets (Ṣalāt aẓ-Ẓuhr) mit vier Einheiten (Rakʿa) unterlässt, um das gemeinschaftliche Pflichtgebet nicht zu verpassen, so kann man dieses vorherige Sunna-Gebet nach dem Pflichtgebet beziehungsweise nach dem abschließenden Sunna-Gebet mit zwei Einheiten nachholen. Dies gilt auch im Falle des Sunna-Gebets vor dem Freitagsgebet (Ṣalāt al-Ǧumʿa), welches nach dem gemeinschaftlichen Gebet nachgeholt werden kann, sofern dieses vor der Predigt (Ḫuṭba) verpasst wurde. Diese Regelung gilt nicht für die Sunna-Gebete anderer Zeiten. So holt man beispielsweise verpasste Sunna-Gebete vor dem Nachmittags- oder Nachtgebet nicht nach.
Gebete werden ihrer ursprünglichen Art und Weise entsprechend nachgeholt. So wird das Morgengebet (Ṣalāt al-Faǧr) mit zwei, das Mittagsgebet (Ṣalāt aẓ-Ẓuhr) mit vier, das Nachmittagsgebet (Ṣalāt al-Aṣr) mit vier, das Abendgebet (Ṣalāt al-Maġrib) mit drei, das Nachtgebet (Ṣalāt al-ʿIšāʾ) mit vier und das Witr-Gebet (Ṣalāt al-Witr) mit drei Einheiten (Rakʿa) nachgeholt. Für das Nachholen gibt es keine zeitliche oder räumliche Begrenzung. Man kann also nicht sagen: „Das Nachholen eines Nachmittagsgebets kann nur innerhalb der Nachmittagszeit stattfinden“. Es steht also der Person frei, zu welcher Tageszeit auch immer er ein Gebet nachholen möchte.
Jedoch sollte darauf geachtet werden, nicht während der sogenannten Karāha-Zeiten Gebete zu verrichten, also 45 min. vor Sonnenaufgang, 45 min. vor Sonnenuntergang und 30 min. vor der Überschreitung des Zenits (Tageshöchststand der Sonne), also dem Eintritt der Mittagszeit, da das Verrichten von Gebeten während dieser Zeiten als verpönt erachtet wird. Außerhalb dieser Zeiten kann jederzeit das Nachholen eines Gebets durchgeführt werden.
Jemand, der mehr als sechs Pflichtgebete verpasst hat, braucht beim Nachholen der Gebete keine systematische Reihenfolge zu beachten. Somit ist es dann beispielsweise irrelevant, ob man beim Nachholen verpasster Gebete mit dem Gebet anfängt, welches am nächsten zurückliegt oder nicht. Außerhalb der oben genannten drei Karāha-Zeiten kann nach Belieben ein Gebet nachgeholt werden, da es keine zeitliche Begrenzung für das Nachholen von Pflichtgebeten gibt. So kann zum Beispiel ein verpasstes Nachmittagsgebet nach dem Nachtgebet oder ein Nachtgebet zur Mittagszeit nachgeholt werden.
Was die Absicht (Niyya) angeht, die man fassen soll, so kann folgendes als Beispiel dienen: „Ich fasse die Absicht, ein verpasstes (Mittags-) Pflichtgebet nachzuholen.“ (Die Absicht fasst man innerlich, weshalb das mündliche Aussprechen nicht notwendig oder relevant ist.) Jemand, der nicht genau weiß, wie viele Gebete er nachzuholen hat, sollte sich nach seiner gewissenhaften Schätzung richten. Wenn keine konkrete Zahl geschätzt werden kann, sollten so viele Gebete nachgeholt werden, bis man der Meinung ist, dass nun alle verpassten Pflichtgebete nachgeholt wurden.
Wenn mehrere Personen dasselbe Gebet verpasst haben, so kann dieses Gebet auch gemeinschaftlich nachgeholt werden, nicht aber wenn mehrere Personen unterschiedliche beziehungsweise zu unterschiedlichen Zeiten verpasste Gebete nachholen wollen. Gebete sollten nach Möglichkeit zu Hause nachgeholt werden, da ohne Grund verpasste Gebete eine Sünde darstellen und daher nicht öffentlich nach außen hin (etwa in Moscheen) gezeigt werden sollten.
Selam & Dua
Fragenandenislam – Team