Jedes Jahr ereignen sich deutschlandweit mehrere Millionen Unfälle. Auch wenn Verkehrsunfälle daher Alltag auf unseren Straßen sind: Wer von solch einem unvorhergesehen Ereignis – vielleicht zum ersten Mal – betroffen ist, fühlt sich oftmals überfordert. Viele Verkehrsteilnehmer sind vor allem verunsichert, was nach dem Verkehrsunfall konkret zu tun ist. Doch dies muss nicht sein. Wir erläutern, was du als Unfallbeteiligter beachten musst.
Eine Zusammenfassung aller wichtigen Schritte findest du in unserer Checkliste am Ende des Beitrags, die wir dir auch als Download zum Ausdrucken fürs Handschuhfach oder zum Abspeichern für dein Mobiltelefon zur Verfügung stellen.
1. Sichere die Unfallstelle
Zuallererst musst du die Unfallstelle absichern. Bei nur kleinen Blechschäden kann das Fahrzeug umgehend aus der Gefahrenzone entfernt werden.
Dagegen gilt bei größeren Schäden, dass die Unfallspuren nicht beseitigt werden dürfen und abgewartet werden muss, bis der Unfall aufgenommen wurde. Um in diesen Fällen die Unfallstelle zu sichern und andere Verkehrsteilnehmer vor dem Unfallbereich zu warnen, gehst du wie folgt vor:
- Schalte die Warnblinkanlage ein
- Zusätzlich empfiehlt es sich je nach Witterung – unabhängig von der Tageszeit – die Beleuchtung des Fahrzeugs einzuschalten
- Zudem musst du dein Warndreieck aufstellen, mit einem Abstand zur Unfallstelle von 100 Metern auf Landstraßen oder 200 Metern auf Autobahnen.
- Achte auch auf deine eigene Sicherheit, indem du dich möglichst außerhalb der Fahrbahn bzw. bei Autobahnen nur hinter der Leitplanke aufhältst und dort entlanggehst, und so durch den fließenden Verkehr nicht gefährdet wirst. Je nach Witterung und gerade auf Autobahnen und Landstraßen empfiehlt es sich auch, Warnwesten anzulegen.
2. Leiste Erste Hilfe und informiere den Notruf
Wurde bei dem Unfall jemand verletzt, musst du Erste Hilfe leisten. Hierzu ist jedermann verpflichtet, vor allem auch die Unfallbeteiligten. Denn unterlassene Hilfeleistung ist strafbar. Soweit du selbst in der Lage dazu bist, musst du jede Hilfe leisten, die erforderlich und dir zumutbar ist. Im Verbandskasten deines Autos findest du die wichtigsten Utensilien. Da diese ersten Hilfen in Notfällen im extremsten Fall über Leben und Tod entscheiden können, solltest du deine Kenntnisse hierzu aktuell halten und gegebenenfalls durch einen Erste-Hilfe-Kurs auffrischen.
Wenn die Verletzungen nicht offensichtlich ungefährlich sind, sollte der Verletzte im Anschluss einen Arzt aufsuchen.
Bei schweren Verletzungen muss der Rettungsdienst gerufen werden. Der Notruf ist über die Nummer 112 kostenlos erreichbar – innerorts auch über Telefonzellen, falls du kein Mobiltelefon dabeihast. An den Autobahnen kann der Rettungsdienst über Notrufsäulen verständigt werden.
3. Wann muss die Polizei benachrichtigt werden?
Die Polizei sollte in jedem Fall einbezogen werden, wenn es
- Verletzte gibt
- bei schweren Sachschäden
- bei Unfällen auf der Autobahn oder
- bei Unfallbeteiligten, die unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen
Ist es durch den Unfall nur zu kleineren Blechschäden gekommen, muss die Polizei nicht zwingend gerufen werden. Der Polizeiruf ist aber auch in diesen Fällen bzw. in Zweifelsfällen zulässig. Die Polizei wird dann entscheiden, ob es in deinem Einzelfall – auch bei leichten Sachschäden – angebracht ist, am Unfallort zu erscheinen. Angezeigt ist dies insbesondere dann, wenn die Sachlage unklar ist und die Unfallbeteiligten über den Unfallhergang uneins.
Unterstellt beispielsweise der Unfallgegner dir als Geschädigten zu Unrecht, den Unfall selbst verursacht zu haben, lasse dich auf keine Diskussion ein und rufe die Polizei. Dies vereinfacht gerade in Streitfällen oftmals die spätere Schadensregulierung und erhöht die Erfolgsaussichten bei der Durchsetzung deiner Ansprüche auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld. Die herbeigerufenen Polizeibeamten nehmen die Aussagen der Unfallteilnehmer und alle sonstigen, relevanten Daten zum Unfall auf. Hierzu erhältst du im Anschluss einen Durchschlag des Unfallberichts.
4. Sichere Beweise durch Fotografien
Insbesondere, wenn die Polizei nicht verständigt wird oder diese bei Bagatellschäden keine Spuren sichert, ist es ratsam, zur Beweissicherung selbst Fotos zu machen.
Fotografiere in jedem Fall Folgendes:
- den Unfallort, zur besseren Übersicht möglichst mit verschiedenen Perspektiven, Entfernungen und vermessbaren Punkten (wie z.B. eine Ampelanlage) zur Bestimmung von Abständen. Hilfreich kann dabei auch ein Metermaß sein, das du als Referenzwert mit ablichtest.
- eventuell vorhandene Spuren des Unfallhergangs, z. B. Reifenspuren auf der Straße, Kratzspuren an der Leitplanke, Glassplitter u. ä.
- die beteiligten Fahrzeuge mit Detailfotos zu allen entstandenen Schäden, abgebrochenen Teilen usw.
- die Fahrzeugpapiere des Unfallgegners, vor allem dann, wenn der Fahrer nicht der Halter des Fahrzeugs ist
Achte auch bei Tageslicht auf gute Aufnahmen mit oder ohne Blitzlicht und prüfe die Fotos – denn Aufnahmen, die z.B. durch Spiegelungen den Schaden und sonstige Details nicht genau erkennen lassen, nutzen dir später nichts!
Wenn du keine Fotokamera dabeihast, kann notfalls auch eine Skizze helfen, den Unfall später zu rekonstruieren. Für eine solche Skizze gibt es keine Vorgaben. Wichtig ist nur, dass alle Elemente gut verständlich sind. Zeichne die Lage der beteiligten Fahrzeuge auf der Fahrbahn, der Verkehrsschilder und etwaiger Unfallspuren so, dass man den Unfall später nachvollziehen kann.
5. Welche Daten du unbedingt notieren solltest
Ob die Polizei den Unfall aufnimmt oder die Unfallbeteiligten dies bei Bagatellschäden selbst regeln: Stets ist es wichtig, den Unfall zur Beweissicherung im Detail zu dokumentieren. Viele Versicherungen bieten hierzu Unfallaufnahme-Formulare zum Ausfüllen an. Notfalls reicht aber auch ein Schmierzettel.
Die Unfallbeteiligten sind gesetzlich dazu verpflichtet, die Feststellungen zu ihrer Person, Fahrzeug, Anschrift und Fahrzeugpapiere sowie Versicherung zu ermöglichen. Lasse dir vom Unfallgegner auch den Personalausweis und den Fahrzeugschein zeigen, da der Fahrer nicht unbedingt der Halter des Fahrzeugs sein muss.
Halte die wichtigsten Daten schriftlich fest. Hierzu zählen:
- Datum, Uhrzeit des Unfalls, Unfallort
- Name und Anschrift von Halter und Fahrzeugführer (wenn der Fahrer nicht der Halter ist)
- Kfz-Haftpflichtversicherung und Versicherungsnummer der Unfallbeteiligten
- Name und Anschrift sonstiger Unfallbeteiligter, möglicherweise von Verletzten
- amtliche Kennzeichen, Fabrikate und Farben der Unfallfahrzeuge
- die entstandenen, erkennbaren Schäden am Fahrzeug
- sonstige Sachschäden, z.B. an Gepäck, Kleidung
Zudem solltest du dir die Namen, Adressen und ggf. Telefonnummern von Unfallzeugen notieren.
Schreibe sodann einen Bericht zum Unfall, der von allen Beteiligten unterschrieben wird. Zu pauschalen Schuldanerkenntnissen muss sich in einem Unfallbericht niemand bekennen. Ein – möglicherweise zu voreiliges – Schuldanerkenntnis könnte sonst zu Ärger mit der eigenen Versicherung führen. Aus diesem Grund sollte sich der Unfallbericht auf den Unfallhergang, also die Tatsachen, beschränken. Die juristische Frage, wer beispielsweise bei einem Auffahrunfall die Schuld trägt, ist erst später zu klären.
Weigert sich dein Unfallgegner zu Angaben oder dazu, einen Unfallbericht zu unterschreiben, bestehe auf eine polizeiliche Unfallaufnahme. Dein Unfallgegner ist dann verpflichtet, das Eintreffen der Polizei abzuwarten.
6. Räume die Unfallstelle
Sobald vor Ort alles zum Unfall geklärt ist, kann die Unfallstelle geräumt werden, einschließlich abgebrochener Fahrzeugteile usw.
Ist dein Fahrzeug nicht fahrtüchtig, muss es durch einen Abschleppdienst abgeschleppt werden. Kannst du dagegen weiterfahren, vergiss nicht, beispielsweise ein Warndreieck wieder einzuräumen.
7. Informiere deine Versicherung
Nach dem Unfall erfolgt die Schadensmeldung an die Versicherung, wenn du den Versicherungsschutz in Anspruch nehmen willst. Der Unfall ist der eigenen Kfz-Versicherung dann umgehend zu melden. Doch keine Sorge – du darfst nach dem Unfall auch erst einmal nachhause fahren und dich ein wenig von dem Schrecken erholen. Umgehend meint nicht “sofort”, sondern innerhalb einer angemessenen Zeit. Hierbei gilt, dass du einen Versicherungsfall innerhalb einer Woche telefonisch oder schriftlich bei deiner Versicherung anzeigen musst.
Um den Unfall abzuwickeln und als Geschädigter deine Schadensersatzansprüche bei der gegnerischen Kfz-Versicherung geltend zu machen, solltest du nicht eigenständig vorgehen. Du kannst und solltest dir hierzu einen Rechtsanwalt für Unfallrecht nehmen, der von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners entsprechend der Haftungsquoten bezahlt wird.