Die Welt steht vor der Herausforderung, die Emissionen drastisch zu reduzieren, um die schwerwiegenden und irreversiblen Folgen der globalen Erwärmung zu vermeiden. Eine nachhaltige und klimafreundliche Wirtschaftslandschaft ist unerlässlich, um die gesteckten Ziele zu erreichen.
Auch der Einzelhandel muss seinen Beitrag zur Reduzierung von Treibhausgasen leisten. Idealerweise sollte er sogar klimaneutral werden. Die Motivation dafür ist vielfältig: Neben dem Klimaschutz spielen auch der Wettbewerbsdruck, veränderte Kundenerwartungen, hohe Energiepreise und sich ändernde rechtliche Vorgaben eine Rolle. Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Unternehmensimage. Im B2B-Bereich gewinnen klimarelevante Kriterien bei der Auftragsvergabe an Bedeutung. Im B2C-Bereich kann eine Vorreiterposition positive Auswirkungen auf den Absatz und damit den Marktanteil haben.
Was bedeutet klimaneutral?
Klimaneutralität bedeutet, dass ein Gleichgewicht zwischen den verursachten Emissionen und den Emissionen besteht, die durch Kohlenstoffsenken aus der Atmosphäre entfernt werden. Insgesamt hat dies keine negativen Auswirkungen auf das Klima. Diese Betrachtung kann auf Unternehmen, Produkte, Projekte oder Nationen angewendet werden. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass bei der Bewerbung von CO2-Neutralität lediglich das ausgestoßene Kohlendioxid (CO2) berücksichtigt wird. Gerade im Einzelhandel haben jedoch auch andere Treibhausgase wie Methan oder Lachgas (Kältetechnik) Auswirkungen auf die Klimabilanz und sollten einbezogen werden.
Klimaneutralität bedeutet nicht, dass im gesamten Wertschöpfungsprozess des Unternehmens keine Emissionen mehr entstehen. Vielmehr geht es darum, den negativen Einfluss der unternehmenseigenen Geschäftstätigkeiten auf das Klima auszugleichen.
Reduktion und Kompensation als wirksame Schritte
Derzeit gibt es noch kein Unternehmen, das völlig ohne Treibhausgasemissionen auskommt. Nicht vermeidbare Emissionen – ein durchaus schwer definierbarer und umstrittener Begriff – können jedoch durch Klimaschutzprojekte an anderen Orten ausgeglichen werden. Dieser “Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung” wurde im Kyoto-Protokoll definiert und ermöglicht den internationalen Handel mit Emissionsrechten. Durch Kompensation kann eine bilanzielle Klimaneutralität erreicht werden.
In jüngster Zeit haben viele große Unternehmen ihre Neutralitätsziele veröffentlicht, um ihre Bemühungen im Klimaschutz nach außen zu tragen. Es ist wichtig, in der Kommunikation klar zu machen, welche konkreten Klimaziele und Maßnahmen das Unternehmen verfolgt.
In fünf Stufen zur Klimaneutralität
Um den Klimaschutz effektiv zu managen, können Einzelhandelsunternehmen auf fünf aufeinander aufbauende Phasen zurückgreifen.
Besonders zu Beginn des Prozesses kann es für Einzelhändler:innen schwierig sein, Orientierung zu finden. Vor allem kleine und mittelständische Betriebe haben oft nicht die Ressourcen, um sich mit den vielen neuen Fragestellungen zu beschäftigen. Zahlreiche Dienstleister bieten deshalb ihre Fachkenntnisse und Unterstützung in einzelnen Schritten oder auch als “Rundum-Sorglos-Paket” an.
Stufe 1: Bestandsaufnahme
Im ersten Schritt definiert das Einzelhandelsunternehmen Motivation, Ziele, Prioritäten und Anforderungen an die Betrachtung: Was genau soll klimaneutral werden und warum? Dabei sollten auch die Ansprüche und Erwartungen interner und externer Stakeholder berücksichtigt werden. Es ist wichtig, die Unternehmensgrenzen festzulegen und Daten zu den Aktivitäten und Treibhausgasquellen zu erfassen.
Stufe 2: THG-Bilanz
In Stufe 2 werden Aktivitätsdaten mithilfe von Emissionsfaktoren in CO2-Äquivalente umgerechnet, um eine Treibhausgas-Bilanz zu erstellen. Auf dieser Grundlage können Unternehmen ihre THG-Hotspots identifizieren, erste Einsparpotenziale erkennen und bewerten, ob bestehende Energiesparmaßnahmen effektiv sind. Die Offenlegung der Bilanz ist ein wirksames Instrument, um als Unternehmen seine Umweltauswirkungen transparent zu machen und den Erwartungen der Stakeholder gerecht zu werden.
Stufe 3: Klimastrategie – Vermeiden, reduzieren, kompensieren
Im nächsten Schritt werden Klimaziele definiert und Maßnahmen zur Vermeidung und Reduzierung von THG-Emissionen entwickelt. Es können zwei Ansätze verfolgt werden: “Was können wir reduzieren?” und “Was müssen wir reduzieren?”. Die Ziele sollten spezifisch, messbar, ambitioniert, realistisch und terminiert sein. Unvermeidbare Emissionen können durch Kompensation ausgeglichen werden.
Stufe 4: Integration in die Unternehmensprozesse
Die strategische und langfristige Integration des Klimaschutzmanagements in die Unternehmensprozesse erfolgt in Stufe 4. Maßnahmen sollten nicht als Einzelaktionen verstanden werden, sondern als Teil der Unternehmensstrategie und -kultur. Ein kontinuierliches Monitoring und ein Qualitäts- und Verbesserungsmanagement sind wichtig, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen und die Mitarbeitenden einzubeziehen.
Stufe 5: Verifizieren und kommunizieren
In Stufe 5 kann die THG-Bilanz von einem unabhängigen Prüfer verifiziert werden, und es kann eine (freiwillige) externe Kommunikation der Bilanz, der Klimaziele, der Maßnahmen und des aktuellen Zielerreichungsgrads erfolgen.
Der Kampf gegen den Klimawandel ist eines der dringendsten Themen unserer Gesellschaft. Eine transparente externe Kommunikation ermöglicht es Kunden und Investoren, Klimaschutzaspekte bei ihren Kauf- und Finanzentscheidungen zu berücksichtigen. Die Darstellung des Unternehmensbeitrags zum Klimaschutz kann auch die Attraktivität des Einzelhandelsunternehmens für potenzielle Arbeitnehmer steigern.
Die einzelnen Stufen können sich überschneiden, und es kann in Einzelfällen auch sinnvoll sein, von der vorgestellten Reihenfolge abzuweichen.
Dieser Leitfaden soll Ihnen dabei helfen, die Prozesse zur Erreichung der Klimaneutralität besser zu verstehen und in Ihrem Unternehmen leichter umzusetzen.
Leitfaden für Handelsunternehmen “Wie werden wir klimaneutral?”
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