Wohlverhaltensphase verkürzt: Alle wichtigen Hintergrundinformationen auf einen Blick

Wohlverhaltensphase verkürzt: Alle wichtigen Hintergrundinformationen auf einen Blick

Die Corona-Krise führt bei vielen Verbrauchern und Unternehmern zu Zahlungsunfähigkeit und Verschuldung. Dies hat zu einer Debatte über einen schnelleren Weg aus den Schulden und einen “wirtschaftlichen Neuanfang” für Insolvenzschuldner geführt. Bereits vor der Pandemie gab es eine EU-Vorgabe zur Effizienzsteigerung von Insolvenzverfahren, die von den EU-Staaten umzusetzen waren. Hier finden Sie alle Informationen zur Restschuldbefreiung.

Was ist eine Restschuldbefreiung?

Eine Entschuldung erfolgt durch die Restschuldbefreiung. Nach einem Insolvenzverfahren befindet sich der Schuldner in der sogenannten Wohlverhaltensphase. Wenn das Verfahren erfolgreich abgeschlossen ist, kann der Schuldner auf Antrag die Restschuldbefreiung erhalten. Das bedeutet, dass Verbraucher am Ende der Wohlverhaltensperiode von den Schulden befreit werden, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht getilgt wurden.

Informationen zum neuen Restschuldbefreiungsgesetz

Am 18. Dezember 2020 hat der Bundesrat das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens verabschiedet. Dadurch wurde das Verfahren von zuvor sechs (in besonderen Fällen fünf) auf drei Jahre verkürzt. Diese Verkürzung gilt für Verbraucher und Unternehmer (nicht für Unternehmen!) und ist befristet bis zum 30. Juni 2025. Danach wird über eine Entfristung neu entschieden.

Das Besondere an der neuen Regelung: Die Inanspruchnahme der Restschuldbefreiung ist an keine Bedingungen mehr geknüpft. Vorher war eine Verkürzung der Dauer von 6 auf 5 oder sogar 3 Jahre nur möglich, wenn z.B. die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt waren oder eine Befriedigungsquote von mindestens 35% erreicht wurde. Solche Bedingungen gibt es jetzt nicht mehr.

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Übergang von alter zu neuer Regelung

Für alle Insolvenzanträge und bereits laufenden Insolvenzverfahren ab dem 17. Dezember 2019 bis zum 30. September 2020 ist eine stufenweise Verkürzung vorgesehen. Somit unterliegt die Insolvenzverordnung seit 2021 einem neuen Stufenmodell. Die genauen Daten und Abtretungsfristen können der Tabelle entnommen werden.

Tabelle

Eine weitere Verbesserung für die Schuldner ist, dass Tätigkeitsverbote, die nur auf Grundlage der Insolvenz ergangen sind, mit Erteilung der Restschuldbefreiung automatisch hinfällig sind. Gemeint ist z.B. die Zulassung für die Tätigkeit als Rechtsanwalt oder Steuerberater.

Gedacht für den redlichen Schuldner

Die häufigsten Gründe für Überschuldung in privaten Haushalten sind Scheidung, Krankheit oder Arbeitslosigkeit. Die Verkürzung der Restschuldbefreiung soll redlichen Schuldnern helfen, in finanziellen Schwierigkeiten eine Chance und einen Ausweg aus der Insolvenz zu finden. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass sie diese Unterstützung nicht automatisch erhalten. Möchten sie von ihrem Recht auf Verkürzung der Restschuldbefreiung Gebrauch machen, müssen sie dies schriftlich beantragen.

Verpflichtungen während der Wohlverhaltensphase

Um das Restschuldbefreiungsverfahren zu verkürzen, müssen Verbraucher einen aktiven Beitrag zur Begleichung ihrer Schulden leisten. Das bedeutet, dass sie nachweislich einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgehen oder sich intensiv um eine Arbeitsstelle bemühen müssen. Sie dürfen keine zumutbaren Tätigkeiten ablehnen. Zudem wird das gesamte pfändbare Vermögen eingezogen und zur Tilgung der Forderungen verwendet. Während der Wohlverhaltensphase darf der Schuldner keine neuen unangemessenen Verbindlichkeiten eingehen.

Verletzt ein Schuldner diese Verpflichtungen, kann ihm auf Antrag eines beteiligten Gläubigers die Restschuldbefreiung versagt werden.

Sofortige und schnellere Restschuldbefreiung

Unabhängig von der verkürzten Wohlverhaltensphase kann auf Antrag eine sofortige Restschuldbefreiung erteilt werden, wenn kein Gläubiger Forderungen anmeldet oder nachweislich alle Forderungen beglichen sind. Eine andere Möglichkeit ist die Erstellung eines Insolvenzplans. Dabei handelt es sich um einen Teilzahlungsvergleich zwischen dem Verbraucher und den Gläubigern. Wenn die Mehrheit der Gläubiger diesem Vergleich zustimmt und alle Verbindlichkeiten vollständig beglichen werden, erfolgt die Restschuldbefreiung sofort.

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Erneute Restschuldbefreiung nach Sperrfrist

Nach Erteilung der Restschuldbefreiung gilt eine Sperrfrist von elf Jahren, anstatt der vorherigen zehn Jahre. Diese elf Jahre beginnen ab der Erteilung der letzten Restschuldbefreiung. Eine erneute Restschuldbefreiung ist danach nicht schon nach drei Jahren möglich, sondern regulär erst nach frühestens fünf Jahren.

Wenn die Restschuldbefreiung aufgrund einer Straftat versagt wurde, kann erst nach fünf Jahren erneut ein Antrag gestellt werden. Bei einer Obliegenheitsverletzung beträgt die Sperrfrist drei Jahre. Nach einer dreijährigen Wohlverhaltensphase kann dann die Restschuldbefreiung erteilt werden.

Rechte von Gläubigern

Um zu verhindern, dass Ansprüche bei der Restschuldbefreiung verloren gehen, können Gläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung beantragen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn ein Gläubiger selbst Betroffener eines Insolvenzverfahrens ist und ihm durch die Obliegenheitsverletzung des Schuldners wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Eine Versagung von Amtswegen ist nicht vorgesehen.

Speicherfristen für Auskunfteien

Insolvenzbezogene Daten werden von Auskunfteien als Negativmerkmal zu einer Person gespeichert. Diese Merkmale bleiben ab dem Tag der Eintragungsanordnung für drei Jahre gespeichert.

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